Sozialer Kontext
Soziale Selektivität bezeichnet die Ungleichheiten beim Zugang, im Verlauf und beim Erfolg in der Hochschulbildung und in den akademischen Karrieren, die mit der sozialen Herkunft der Studierenden zusammenhängen. Diese Ungleichheiten beschränken sich nicht nur auf die finanziellen Ressourcen. Die Forschung zeigt, dass sie in einer ungleichen Verteilung von Kapital wurzeln: wirtschaftlich, aber auch sozial (Beziehungsnetz, familiäre Unterstützung) und kulturell (Vertrautheit mit den Codes und Normen der Universität).
In der Schweiz kann der spätere Bildungserfolg nachwachsender Generationen und ihr Erwerb von Bildungsabschlüssen sowie der darauffolgende Lebensverlauf mühelos anhand des leistungsfremden Kriteriums der sozialen Herkunft vorhergesagt werden. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass das binäre Hochschulsystem undurchlässig segmentiert ist. Trotz gradueller Expansion des Hochschulbereichs ist der Zugang sozial selektiv (nach Herkunft und Geschlecht). Während 78 % der Schweizer Wohnbevölkerung aus Familien stammen, in denen die Eltern keine Hochschulbildung absolviert haben, sinkt dieser Anteil unter den Studierenden an universitären Hochschulen auf 53 %. (BFS, SSEE 2020).
Das Thema der sozialen Selektivität ist an den Universitäten auf institutioneller Ebene kaum sichtbar. Die strategische und strukturelle Verankerung des Themas sowie das Ergreifen von konkreten Massnahmen fehlen. Dies hatte auch der Schweizerische Wissenschaftsrat in seinem Bericht «Soziale Selektivität - Empfehlungen des Schweizerischen Wissenschaftsrates SWR Expertenbericht» (2018) hervorgehoben.
Projekt "First Gen+: Bekämpfung der sozialen Selektivität an den Hochschulen"
Um auf diese Ungleichheiten zu reagieren, wurde das Projekt „Selektivität aufgrund sozialer Herkunft an Schweizer Hochschulen“ im Rahmen des Bundesprogramms P-7 Diversität, Inklusion und Chancengleichheit in der Hochschulentwicklung (2021-2024) von swissuniversities ins Leben gerufen. Als Fortsetzung dieser Initiative, folgt das Projekt « First Gen+ - Advance First-Generation Students and Academics in Swiss Higher Education » im Rahmen des neuen Programms Chancengerechtigkeit – Förderung der Gleichstellung, Diversität und Inklusion auf allen Ebenen der Hochschulen 2025-2028.
Das Projekt „First Gen+“ beschränkt sich nicht darauf, den Zugang zur Universität zu erleichtern. Es zielt auch darauf ab, das Zugehörigkeitsgefühl, den akademischen Erfolg und das Wohlbefinden der betroffenen Studierenden während ihres gesamten Studienverlaufs zu stärken. Indem es Ungleichheiten als strukturell anerkennt, schlägt es einen Perspektivwechsel vor: die Aufwertung von Pionierleistungen und den Aufbau einer gerechteren, zugänglicheren und die Vielfalt der Gesellschaft besser repräsentierenden Universität.