Media Relations

Forschungspreis 2016 zeichnet Projekt gegen Hirnkrebs aus

Der diesjährige Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreis des Departements Klinische Forschung DKF der Universität Bern geht an Markus Lüdi. Der mit CHF 30'000.- dotierte Forschungspreis wurde am Tag der Klinischen Forschung 2016 verliehen. Neben dem Forschungspreis wurden auch weitere Preise vergeben.

Der Gewinner des Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreises 2016 heisst Dr. Markus Lüdi. Er forscht als Oberarzt im Anästhesiologie-Labor für Grundlagenforschung am Inselspital Bern und am Departement Klinische Forschung der Universität Bern. Lüdi wird für seine Forschung zu scheinbar harmlosen Massnahmen bei chirurgischen Eingriffen an Hirnkrebs-Patienten ausgezeichnet. Der Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreis 2016 dient der Nachwuchsförderung in der Klinischen Forschung der Medizinischen Fakultät der Universität Bern. Er wurde am Tag der Klinischen Forschung, am Mittwoch, 2. November 2016 verliehen.

Gegen die Blutgefässbildung in Hirntumoren

Glioblastome sind bösartige Hirntumore («Hirnkrebs»), die auch nach einem chirurgischen Eingriff und begleitender Radiochemotherapie immer wieder wachsen. Die Patientinnen und Patienten versterben daher durchschnittlich 15 bis 21 Monate nach der Diagnosestellung. Die aggressive Biologie von Glioblastomen beruht auf Stammzellen, welche die Tumore «nachwachsen» lassen und gegen eine Behandlung resistent machen. Die Stammzellen bilden zahlreiche abnormale Blutgefässe, was zu einem Hirnödem und damit zu neurologischen Schäden führt.

Hirnödeme werden in der Onkologie und Anästhesiologie weltweit erfolgreich mit dem Wirkstoff Dexamethason bekämpft. Dieser wird auch vorbeugend bei Operationen eingesetzt, um ein Hirnödem zu verhindern. Diese vermeintlich harmlose Massnahme hat aber bei Hirnkrebspatientinnen und -patienten schwerwiegende Folgen, wie die Forschergruppe um Markus Lüdi nun herausgefunden hat: Dexamethason aktiviert Gene, welche den Tumor noch aggressiver machen und sogar direkt zur Bildung von neuen Blutgefässen beitragen – und somit die Prognose für Patientinnen und Patienten verschlechtern.

Weitere Untersuchungen von Lüdi zeigten, dass sich die dafür verantwortlichen Gene durch das Antikrebsmittel Camptothecin hemmen lassen. Camptothecin hat jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen und wird schlecht vertragen. Auf der Basis von Daten und Analysen vermutet Lüdi nun, dass eine sehr niedrige, von Patientinnen und Patienten gut verträgliche Dosis Camptothecin die Dexamethason-geförderten Gene und damit die Bildung von neuen Blutgefässen im Tumor hemmen kann.

In Experimenten soll eine optimale, gut verträgliche Dosis Camptothecin ermittelt werden, um die von Dexamethason hervorgerufenen unerwünschten Nebenwirkungen zu mindern und damit das Leben von Glioblastompatienten zu verbessern und allenfalls zu verlängern. «Überlebensanalysen in unseren vorläufigen Daten sagen eine Verlängerung der mittleren Überlebenszeit um 22 Prozent voraus, wenn durch Dexamethsaon aktivierte Gene gezielt mit Camptothecin gehemmt würden», sagt Lüdi.

Lebenslauf von Markus Lüdi:

Markus Lüdi (35) stammt aus St. Moritz (GR). Er studierte Medizin an der Universität Zürich und verbrachte während des Studiums einen Forschungsaufenthalt bei Prof. Sir Peter J. Ratcliffe FRS am Wellcome Trust Centre for Human Genetics der Oxford University (UK). Nach seinem Abschluss 2007 und seiner Doktorwürde war Lüdi bis 2014 Lüdi als Assistenzarzt am Kantonsspital Graubünden, bei der Schweizerischen Rettunsgflugwacht Rega und am Inselspital Bern tätig. 2012 schloss er zudem ein berufsbegleitendes MBA-Programm an der Universität St. Gallen und der ESADE Business School in Barcelona (ES) ab. Es folgte 2014 ein zweijähriger Aufenthalt als Postdoctoral Fellow in Molekularbiologie am The University of Texas MD Anderson Cancer Center (USA). Seit 2016 ist Lüdi Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie & Schmerztherapie am Inselspital Bern.  

Fondation Johanna Dürmüller-Bol verlängert ihr Engagement

Bereits von 2012 bis 2016 wurde der Forschungspreis von der Fondation Johanna Dürmüller-Bol gestiftet. Sie will damit in ihren Förderfeldern Medizin und Wissenschaft Nachwuchsforschende der Medizinischen Fakultät der Universität Bern motivieren und unterstützen. Nun hat die Stiftung ihr Engagement für die Klinische Forschung der Universität Bern um weitere fünf Jahre verlängert.

Am Tag der Klinischen Forschung wurden neben dem Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreis 2016 weitere Preise verliehen:

Beste Präklinische Arbeit

Andrea Grotzky

Department of Clinical Research, University of Bern, Research Group Clinical Radiopharmacy and Department of Nuclear Medicine, Inselspital, Bern University Hospital

Titel: Imaging-guided development of nanoparticles for tissue-activated drug delivery

Die Nanomedizin ist eine Schlüsseltechnologie für die medizinische Diagnostik und Therapie. Um Nanopartikel gezielt optimieren zu können, entwickelte die Klinische Radiopharmazie des DKF mit Kollaborateuren der UCLA nun eine Nanopartikel-Plattform, die ohne Beeinflussung pharmakologischer Eigenschaften radioaktiv markiert werden kann. Unter Leitung von Prof. Walter verwendeten Dr. Grotzky und ihre Kollegen diese Plattform für die Optimierung von Nanopartikel-Designs für spezifische medizinische Anwendungen. Dabei entwickelten sie u.a. Partikel mit niedriger Leberaufnahme, die Medikamente gezielt zu Tumoren transportieren und deren Effizienz deutlich erhöhen konnten. Die Markierung mit Gadolinium zeigte darüber hinaus das Potential für die MRI-basierte Therapiekontrolle. Die Arbeit wurde unterstützt vom SNF, der Schweizerischen Krebsliga und dem KTI, und zeigt das Potential des Image-guided Drug Development. Die entwickelte Nanopartikel-Plattform ist derzeit im Prozess der Patentierung.

Beste Klinische Arbeit

Seid Hamzic

University Institute of Clinical Chemistry, Inselspital, Bern University Hospital, University of Bern

Titel: Novel genetic variants in carboxylesterase 1 predict early-onset capecitabine-related toxicity

Capecitabin ist ein wichtiges chemotherapeutisches Medikament, welches häufig zur Krebsbehandlung eingesetzt wird. Bei ca. 20-35% der Patienten verursacht dieses Medikament schwere Nebenwirkungen, welche in einzelnen Fällen zum Tod des Patienten führen können. Ziel der Arbeit von Seid Hamzic war es, mögliche vererbbare (genetische) Faktoren, welche zu einem erhöhten Risiko für Capecitabin-Nebenwirkungen führen, mittels einer pharmakogenetischen Studie zu identifizieren. In dieser Studie konnte zum ersten mal gezeigt werden, dass gewisse Varianten des Carboxylesterase 1- Gens gehäuft in Patienten vorkommen, welche Capecitabin-Nebenwirkungen zeigen. Die Carboxylesterase 1 ist ein Enzym, das den ersten Schritt der Umwandlung von Capecitabin zum aktiven Wirkstoff katalysiert. Die identifizierte genetische Variante könnte möglicherweise als Biomarker zur Abschätzung des Nebenwirkungsrisikos vor einer Capecitabin-Therapie dienen. In Trägern dieser Variante könnte beispielsweise durch eine angepasste Dosis des Medikaments das Risiko von Nebenwirkungen reduziert und so die Behandlung verbessert werden. Diese Carboxylesterase 1-Varianten könnten zudem auch für andere medikamentöse Therapien von Bedeutung sein, da die Carboxylesterase 1 auch bei vielen anderen Medikamenten eine wichtige Rolle in deren Verarbeitung im Körper spielt.

Beste Arbeit eines Med. Stud.

Anna Maria Peter

Department of Paediatrics and University Institute of Clinical Chemistry, University of Bern, Inselspital, Bern University Hospital

Titel: Diagnostic and prognostic value of autoantibodies against gastric goblet cells in paediatric and adolescent inflammatory bowel disease patient

Die Autoantikörper (AAk) Diagnostik ist ein wichtiger Pfeiler in der Diagnostik der Chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED). Vor allem ASCA (Anti-S. cerevisiae AK) und atyp. pANCA (perinukleäre Anti-Neutrophil Cytoplasmatische AK) können bei der Unterscheidung zwischen C. Ulcerosa (CU) und Morbus Crohn (MC) helfen. Da vorwiegend bei pädiatrischen Patienten eine Beteiligung des oberen GI-Traktes häufig (bis 57%) vorkommt, untersuchten wir, ob wir bei unseren pädiatrischen CED-Patienten AAk gegen Becherzellen im Magen (gastrale Becherzellen, gBZ) nachweisen können. Diese AAk mit dem typischen Muster konnten wir in 5/13 MC Patienten mit einer Beteiligung des oberen GI-Traktes sowie bei 3 Patienten mit CU nachweisen. Nur bei einer von 61 sex/age-matched Personen ohne CED wurde dieser AAk gefunden. Trotz des kleinen Patientenkollektivs ergab sich der Hinweis, dass diese AAk ein zusätzlicher Marker für die Entscheidung über eine Endoskopische Untersuchung des oberen GI-Traktes sein können. Wir planen in einer prospektiven Studie an einem grösseren Patientenkollektiv unsere Daten zu validieren.

Research Prize Alumni MedBern

Michael Amrein

Department of Clinical Research, University of Bern, Research Group Tumor-Immunology and Department of Medical Oncology, Inselspital, Bern University Hospital, University of Bern

Titel: CML progression in the bone marrow is fueled by spleen resident leukemia stem and progenitor cells

Die Leukämie gilt als paradigmatisches Beispiel einer Krebserkrankung, welche von Stammzellen ausgeht. Leukämiestammzellen befinden sich wie hämatopoetische Stammzellen am Beginn der hierarchischen Differenzierung. Viele der Funktionen der Leukämiestammzellen werden durch die Interaktion in einem spezialisierten Mikro-Environment besonders im Knochenmark, der sogenannten Stammzellnische reguliert. Berner Forscher der Medizinischen Onkologie konnten nun zeigen, dass in der Leukämie eine zweite unabhängige Nische in der Milz existiert. Zahlenmässig befinden sich sogar mehr Leukämiestammzellen in der Milz als im Knochenmark. Interessanterweise verhalten sich die Stammzellen im Mikro-Environment der Milz aggressiver als im Knochenmark. Die Interaktion der Leukämiestammzellen mit den Nischen-Zellen der Milz trägt deshalb zum Krankheitsverlauf bei. Das Verständnis der Leukämiestammzelle und der Mechanismen, wie sie gesteuert und reguliert werden ist essentiell, um neue Therapiemöglichkeiten bei Knochenmarkserkrankungen wie Leukämien zu entwickeln.

02.11.2016