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Neue Erkenntnisse aus dem Erdinneren

Magma aus dem Erdinneren, das durch Vulkanausbrüche an die Oberfläche gelangt, enthält Informationen über die chemische Zusammensetzung des Erdmantels. Bisher ging man von Informationen aus einer Tiefe von 20 bis 100 Kilometern aus. Analysen mittels Lasertechnik zeigen nun aber, dass das Magma Elemente aus nur 2 bis 20 Kilometern konserviert hat. Die Erkenntnisse der Geologen werden am 16. Mai in «Nature» publiziert. 

Magma ist das Endprodukt einer langen Reihe von chemischen Prozessen und besteht aus Gesteinsschmelze und Kristallen. Aufgrund von Schmelzeinschlüssen in diesen Kristallen schliessen Geologinnen und Geologen auf die chemische Zusammensetzung des Erdinnern. Eine neue Studie rüttelt nun an den bisherigen Annahmen: Die Chemie der Einschlüsse widerspiegle nicht die vorherrschenden Bedingungen bis in rund 200 Kilometern Tiefe – sondern nur bis in rund 2 bis 20 Kilometern Tiefe. Der Australier Dr. Carl Spandler führte die Studie mit seinem Team an der Australian National University (ANU) durch. Seit einem Jahr arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geologie der Universität Bern, zusammen mit Thomas Pettke, der eine SNF- Förderungsprofessur am Institut für Geologie innehat. Die Studie erscheint am 16. Mai im Wissenschaftsjournal «Nature».

Das Magma mit den Schmelzeinschlüssen entsteht im rund 3’000 Kilometer dicken Erdmantel, bewegt sich aus der Tiefe hinauf Richtung Erdoberfläche, wo es schliesslich in so genannten Magmakammern in 2 bis 20 Kilometern unter der Erde lagert und sich chemisch weiterentwickelt. Beim Wachsen von Olivin-Kristallen, der häufigsten im Erdmantel-Magma enthaltenen Silikatart, wird ein kleinstes Schmelztröpfchen in das Kristallgitter eingeschlossen. Die Wissenschaft ging bislang davon aus, dass dieser Schmelzeinschluss nach seiner Bildung von der Umgebung hermetisch abgeriegelt ist und somit den chemischen Zustand einer Erdschicht in einer klar definierten Tiefe widerspiegelt.

Laborversuche von Carl Spandler zeigten jedoch, dass die Schmelzeinschlüsse auch nach der Bildung über Diffusion mit der Umgebung «kommunizieren», so Pettke. Ihre chemische Zusammensetzung könne sich sogar innerhalb von Tagen ändern, viel schneller als angenommen. Damit gälten die Einschlüsse nicht mehr als «absolutes Tiefensignal», folgern die Forscher. «Konkret werden diese Ergebnisse unsere Vorstellungen über die chemische Entwicklung und Prozesse im Erdinnern stark beeinflussen. Sie geben beispielsweise neue Anhaltspunkte darüber, woher Vulkane gefüttert werden».


Mit dem Laserstrahl auf Spurensuche

Das Diffusionsverhalten der Schmelzeinschlüsse analysierte Dr. Carl Spandler mit der neuartigen Analysetechnik der Laser-Ablation: Ein Laserstrahl brennt mit höchster Energie einen Fleck auf die Kristallprobe. Durch Verdunstung wird ein Aerosol des Materials frei, welches sofort über einen Gasstrom ins so genannte Plasma-Massenspektrometer geschleust wird. «Durch die Ionenanalyse können wir selbst kleinste Mengen – ein Milligramm pro Tonne – fast aller vorhandenen Elemente analysieren», so Thomas Pettke, der im Rahmen seiner SNF-Förderungsprofessur das Labor in Bern aufgebaut hat, das am Tag der offenen Tür am 2. Juni besichtigt werden kann. Mit dieser Technik können nahezu alle Festkörper chemisch analysiert werden. Die Forschungssschwerpunkte von Spandler und Pettke sind die Analyse von Einschlüssen von Mineralien: «Grundlagenforschung, die – wie wir sehen – von grosser Tragweite sein kann», so Pettke. Laut den Forschern müssten nun einige «goldene Wahrheiten in der Erdwissenschaft neu überdacht werden».

16.05.2007