Mit Sportberatung zu mehr Aktivität

Obwohl Sporttreiben für Gesundheit und Wohlbefinden wichtig sind, ist ein Teil der Schweizer Bevölkerung nie oder nur unregelmässig sportlich aktiv. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele eine zu ihnen passende Sportaktivität noch nicht gefunden haben. Deshalb wurde am Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern ein Sportberatungskonzept entwickelt. Dadurch lässt sich die sportliche Aktivität steigern, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt.

Mit dem Beratungskonzept des Instituts für Sportwissenschaft (ISPW) der Universität Bern wird eine Sportaktivität gesucht, die zu den persönlichen Präferenzen passt und im individuellen Alltag umsetzbar ist. Dazu lernen die Teilnehmenden ihre sportbezogenen Motive und Ziele kennen. «Wir wollen nicht aufzeigen, wo die Defizite einer Person liegen, sondern fragen: Was machst du gerne?», hält Nina Schorno, Sportwissenschaftlerin an der Universität Bern, dazu fest. Entsprechend heisst das Konzept «Counseling based on motives and goals in exercise and sport» (COMET).

Die Teilnehmenden lernen ausserdem zu beurteilen, was ihnen welche Sportaktivität bietet. «Sie sollen die Fähigkeit aufbauen, selbstständig eine für sie passende Aktivität auszuwählen», sagt Nina Schorno und fügt hinzu: «Nach der Sportberatung sind die Personen gerüstet, ihr sportliches Vorhaben umzusetzen, auch gegen widrige Umstände im Alltag.»

Interventionsstudie belegt Wirksamkeit der Berner Sportberatung

In einer Interventionsstudie haben die Berner Forschenden Nina Schorno, Vanessa Gut, Achim Conzelmann und Julia Schmid die Wirksamkeit des von ihnen entwickelten Sportberatungskonzepts untersucht. Dafür wurden 129 Personen im Alter zwischen 20 und 67 Jahren zufällig einer Interventionsgruppe mit Beratung oder einer Kontrollgruppe ohne Beratung zugeteilt. 

Die Studie wurde soeben in der Fachzeitschrift «Journal of Sport and Exercise Psychology» veröffentlicht. Sie konnte nicht nur zeigen, dass die Interventionsgruppe ihre Fähigkeit, eine passende Sportaktivität auszuwählen, deutlich steigern und die geplanten Aktivitäten besser umsetzen konnte: Die Interventionsgruppe hat auch ihr durchschnittliches wöchentliches Sportvolumen insgesamt vervierfacht, von 30 auf 120 Minuten pro Woche. Das Sportvolumen der Kontrollgruppe blieb hingegen während des Messzeitraums konstant. 

In der Praxis vielseitig einsetzbar

Die Sportberatung des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Bern kann in verschiedenen Kontexten eingesetzt werden. Sie eignet sich beispielsweise auch für Institutionen des Gesundheitswesens. «Die Sportberatung kann im Rahmen von Rehabilitationsprogrammen nach Herzinfarkten oder gewichtsreduzierenden Operationen eingesetzt werden, um die Patientinnen und Patienten zu selbstständigem und regelmässigem Sporttreiben hinzuführen», erklärt Nina Schorno.

Ablauf und Inhalte der Sportberatung des ISPW

Die Sportberatung besteht aus sechs Beratungselementen:

  1. Zu Beginn werden bei den Teilnehmenden mittels Fragebogen Informationen erfasst, aus denen sich das individuelle Motiv- und Zielprofil sowie der passende Sporttyp ergibt.
  2. In einem anschliessenden Beratungsgespräch lernen die Teilnehmenden ihr persönliches Motiv- und Zielprofil kennen, zudem werden ihre bisherigen sportlichen Erfahrungen thematisiert.
  3. Im Anschluss besuchen die Teilnehmenden drei inhaltlich verschiedene Schnuppersportangebote. Dabei reflektieren sie zeitnah am Handy mittels Kurzbefragungen die jeweilige sportliche Aktivität. 
  4. Die Antworten fliessen in den zweiten Teil des Beratungsgesprächs ein, in dem zunächst ermittelt wird, welches Angebot der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer am meisten zugesagt hat und warum. Hiernach werden gemeinsam passende Sportaktivitäten gesucht, die sich im individuellen Alltag umsetzen lassen.
  5. In einem nächsten Schritt wird festgelegt, wann, wo und mit wem eine Sportaktivität durchgeführt wird.
  6. Nach vier Wochen werden die Erfahrungen mit dieser Aktivität telefonisch besprochen: Dabei wird geklärt, welche Barrieren im Alltag auftauchen, die eine teilnehmende Person daran hindern, sportlich aktiv zu sein – wie zum Beispiel Müdigkeit. Daraufhin werden Strategien zur Überwindung dieser Barrieren erarbeitet. 

Fragebogen zum eigenen Motiv- und Zielprofil und mehr Informationen zur Sportberatung: https://bmzi.ispw.unibe.ch/home

Das Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern

Das Institut für Sportwissenschaft (ISPW) ist eine der grössten und bedeutendsten Lehr- und Forschungseinrichtungen für Sportwissenschaft in der Schweiz. Es zeichnet sich in Lehre und Forschung durch seine integrative und anwendungsorientierte Ausrichtung mit sozial- und verhaltenswissenschaftlicher Schwerpunktlegung aus.

http://www.ispw.unibe.ch/

Angaben zur Publikation

Schorno, N., Gut, V., Conzelmann, A., & Schmid, J. (2022). Effectiveness of individual exercise and sport counseling based on motives and goals: A randomized controlled trial. Journal of Sport and Exercise Psychology, 44(2), 103-115. https://doi.org/10.1123/jsep.2021-0018

03.05.2022