Ratten helfen Artgenossen, wenn diese nett zu ihnen waren

Forschende der Universität Bern und der University of St Andrews untersuchten erstmals, woran sich Ratten erinnern, um zu entscheiden, ob sie sich gegenseitig helfen. Die Studie zeigt, dass Ratten ihren Artgenossen immer dann helfen, wenn sie von ihnen bei der letzten Begegnung Hilfe erfahren haben.

Ratten sind hochsoziale Tiere, die ihren Artgenossen in verschiedenen Situationen helfen; zum Beispiel indem sie Futter teilen oder sich gegenseitig putzen. Dabei helfen sie nicht jeder Ratte gleich, sondern nur solchen, die sich vorher als kooperativ gezeigt haben. Sie helfen sich also reziprok – gemäss dem Motto «Wie Du mir, so ich Dir». Für diese Form der Hilfe müssen sich die sozialen Nager jedoch viele Informationen merken. Forschende der Universität Bern und der University of St Andrews (Schottland) haben nun erstmals untersucht, welche Informationen die Tiere heranziehen, um einander zu helfen oder nicht. Die Ergebnisse wurden im Journal Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht.

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Die Forschenden führten mit den Wanderratten ein Experiment durch: Die Nager lernten jeweils verschiedene Partnerratten kennen, die sich an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen in unterschiedlicher Reihenfolge entweder kooperativ zeigten – also ihr Futter teilten – oder nicht. Am darauffolgenden Tag wurden die Rollen vertauscht und nun konnten die Ratten entscheiden, ob und wieviel Futter sie mit ihren Partnern teilen wollten. Dabei zeigte sich, dass die Ratten ihre Kooperationsbereitschaft auf die letzte Begegnung mit der Partnerratte stützten: Wenn ihnen die Partnerratte bei der letzten Begegnung Futter verschafft hatte, wurde ihr danach auch geholfen, ihrerseits an Futter zu kommen. Die früheren Begegnungen haben sie bei der Entscheidung nicht berücksichtig, egal ob diese Begegnungen kooperativ waren oder nicht. «Die Ratten basierten somit ihre Entscheidung immer auf der letzten Begegnung und nicht auf der gesamten sozialen Interaktion», sagt Dr. Manon Schweinfurth, die diese Studie in der Ethologischen Station Hasli der Universität Bern, unter der Leitung von Prof. Michael Taborsky vom Institut für Ökologie und Evolution, durchgeführt hat. Zur Zeit ist Schweinfurth als Dozentin an der University of St Andrews tätig.

Um auszuschliessen, dass das Resultat dadurch erklärt werden kann, dass sich Ratten nur merken können was in den letzten 24 Stunden passiert ist, wurde ein weiteres Experiment durchgeführt. Hier erfuhren die Ratten die Hilfsbereitschaft ihrer Versuchspartnerinnen jeweils ein oder drei Tage bevor sie den Gefallen zurückzahlen konnten. Schweinfurth erklärt: «Auch wenn die letzte Begegnung mit einer Partnerratte drei Tage zurücklag, konnten sich die Tiere trotzdem gut daran erinnern und nutzten diese Begegnung als Entscheidungsgrundlage. Die Kooperationsbereitschaft wurde durch den zeitlichen Abstand nicht verringert.»

Ein nützlicher Trick

Nur die letzte Begegnung als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen, ist eine effiziente Strategie. «Mit diesem ‹Trick› können die Ratten die Informationsmenge drastisch reduzieren, die sie brauchen, um in ihrer Kooperationsbereitschaft von Artgenossen nicht ausgenutzt zu werden. Menschen wenden manchmal ähnliche Verhaltensregeln an, wenn sie miteinander kooperieren», so Schweinfurth. Diese Studie war die erste, die untersucht hat, was sich Tiere wie lange merken, um miteinander dauerhaft kooperieren zu können. «Weitere Studien sind nötig, um herauszufinden, wie weit verbreitet dieses gegenseitige Hilfeverhalten im Tierreich ist.»

Angaben zur Publikation:

Schweinfurth, M.K. & Taborsky, M. (2020). Rats play tit-for-tat instead of integrating cooperative experiences over multiple interactions. Proceedings of the Royal Society B 287: https://doi.org/10.1098/rspb.2019.2423

15.01.2020