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Weiterbildung für ambitionierte Frauen

Der Frauenanteil in der Geschäftsleitung von SMI-Firmen steigt. Erfreulich und nicht zuletzt der Revision des Aktienrechts zu verdanken, die seit 2021 eine Geschlechterquote bei börsenkotierten Gesellschaften vorgibt: Im Verwaltungsrat soll der Frauenanteil mindestens 30% betragen, in der Geschäftsleitung mindestens 20%. Eine ähnliche Zusammensetzung der Geschlechter ist in den Rochester-Bern Weiterbildungen zu beobachten. Ein Gespräch mit drei ambitionierten Frauen, die es sich gewohnt sind, die einzige Frau im Raum zu sein.

Beitrag: Neslihan Steiner, 2022

Die Forschung ist eindeutig: Frauen in Führungspositionen beeinflussen positiv die Innovationskraft, die Profitabilität und die Wahrnehmung sozialer Verantwortung von Unternehmen. Auch wenn immer mehr Frauen Führungspositionen einnehmen und sich die Schweiz im europäischen Vergleich stark verbessert, bleiben Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Ein Missstand, der Petra Jörg, CEO von Rochester-Bern Executive Programs, und ihr Team schon lange beschäftigt. Vor 16 Jahren übernahm Jörg die Führung der Rochester-Bern Weiterbildungsprogramme - damals umfassten sie einzig einen EMBA. Heute bietet Rochester-Bern Executive Programs in der Schweiz eine Auswahl von international ausgerichteten Weiterbildungsstudiengängen an, die Managern, Verwaltungsrätinnen und Stiftungsräten das nötige Rüstzeug für ihre anspruchsvolle Tätigkeit vermitteln. Petra Jörg und ihr vorwiegend weibliches Team haben massgeblich dazu beigetragen, die Weiterbildungsprogramme so zu gestalten, dass sie vermehrt auch von Frauen absolviert werden. Wer selbst aus erster Hand die Pain Points seiner Kundinnen kennt, kann ihnen Lösungen für ihre Probleme und Bedürfnisse anbieten.

Hindernisse als Antrieb

Der Weg an die Führungsspitze wird bei Frauen oft als herausfordernder als für Männer beschrieben. Auf die Frage, welche Hindernisse sie selbst zu überwinden hatte auf dem Weg zur C-Level-Position, entgegnet Petra Jörg: «Ich bin mir häufig selber im Weg gestanden.» Das traditionelle Rollenverständnis hat sie in ihrer Kindheit sehr geprägt und weder sie noch ihr Umfeld hätten es für möglich gehalten, dass sie eines Tages Professorin, CEO und Verwaltungsrätin würde. Doch Petra Jörg ist eine sehr lern- und neugierige Frau. Sie hat die richtigen Signale gesendet, ihr Bestes gegeben und ihre Leistungen sichtbar gemacht, um letztlich mutig die Chancen zu packen, die sich ihr geboten haben.

Was ganz nach "Wer etwas will, der sucht nach Wegen. Wer etwas nicht will, der sucht nach Gründen" klingt, suggeriert: Frau kann alles, sofern sie will. Einfacher wäre es, wenn Frauen in den Unternehmen eine Kultur vorfinden würden, die nicht nur an den Eigenschaften von Männern ausgerichtet ist, sondern auch die Stärken von Frauen schätzt, denn in herausfordernden Zeiten wie diesen brauchen Unternehmen sowohl weibliche als auch männliche Attribute. Ein auf dieses Bedürfnis ausgerichtetes Weiterbildungsprogramm wird Rochester-Bern im Sommer 2023 auf den Markt bringen (CAS Leadership & Inclusion). Bis die «gemeinsame Sprache» in den Unternehmen Realität wird, rät Petra Jörg Frauen auf dem Weg in die Führung, in einem ersten Schritt genau zu beobachten und zuzuhören. «Es ist sehr aufschlussreich, sein Umfeld systematisch zu erfassen und zu verstehen: Was machen Männer anders?» Anschliessend gelte es zu überlegen, wie man seine eigenen Stärken in dieses Umfeld einbringen könne. Oftmals lägen diese im Kommunizieren mit gezielten Botschaften, im Netzwerken, in der Empathie und im Agil-sein. Bei allem Beobachten sei es aber ganz wichtig, so Jörg «authentisch zu bleiben und nicht zu einer Männerkopie zu werden.»

Aspekte, die Frauen am Aufstieg hindern

Limitierende Glaubenssätze, fehlende Vereinbarkeit und wenige Vorbilder – das kennen viele Frauen. Laut einer Untersuchung der Ostschweizer Fachhochschule OST sehen mehr als 50 % der befragten Frauen über 40 keine Aussicht auf einen Aufstieg in ihrer aktuellen Position. Was sollte man diesen Frauen raten? Beatrice Smit, Absolventin eines MAS in General Management bei Rochester-Bern, trifft mit ihrer Kritik ins Schwarze: «Diese Frage suggeriert, dass nur Frauen aktiv werden müssen. Dabei ist es ein systemisches Problem.» Sie fordert, Unternehmen – aber auch den eigenen Partner – stärker in die Pflicht zu nehmen. Unternehmen hinkten gesellschaftlichen Bedürfnissen hinterher: «Hört auf, in alten Mustern zu denken. Schafft Teilzeitmodelle, die den Namen auch verdienen. Und dies auch auf höchster Ebene und in allen Bereichen. Schafft eine inkludierende Arbeitskultur, und zwar für alle Geschlechter und Lebensentwürfe. Zeigt Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Lieferant:innen, wer ihr seid, warum man gerade mit oder für euch arbeiten sollte. Empathie ist die Währung der Zukunft, die übrigens sehr gut mit wirtschaftlichen Interessen einhergeht.»

Wer sich jetzt nicht bewege, für den werde in Zukunft Diversity noch das kleinste Problem sein, denn die Arbeitskräfte der Zukunft, die Gen Z, lasse sich nicht mit Eckbüros, Handyabos und Dienstwagen abspeisen. Sie wollten Sinnhaftigkeit, Identität und Mehrwert. Und dieser manifestiert sich nicht nur in Franken. «Als Führungskraft müssen wir unsere Denkweise, unsere unbewusste Programmierung stets hinterfragen. Nur so können wir Führungspositionen für Frauen attraktiv gestalten», so Beatrice Smit, Chief Operating Officer bei der Axpo WZ-Systems AG.

Aus den gängigen Mustern auszubrechen, neue Lösungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben zu finden, ist auch für Aileen Zumstein wichtig. Die strategische Kommunikationsberaterin und Unternehmerin hat seit einigen Jahren auch "Verwaltungsrätin und Stiftungspräsidentin" in ihrem CV vorzuweisen. 2019 absolvierte sie bei Rochester-Bern den CAS Verwaltungsrat und engagiert sich seit Jahren für die Förderung von mehr Frauen in der Führungsetage. Je nach Quelle sind rund 70-80% aller Verwaltungsräte in der Schweiz Männer. Diese Ungleichheit hat dieselben Gründe wie der geringe Frauenanteil an Führungspositionen ganz allgemein. Für eines der grössten Hindernisse – die Vereinbarkeit von Führungsaufgaben und Mutterschaft – hat Aileen Zumstein einen Lösungsansatz mitgestaltet: Sie ist Gründungsmitglied von Awina, einem 2019 in der Schweiz gegründeten digitalen Finanzdienstleistungsunternehmen. Awina unterstützt Familien in der Rush-Hour des Lebens bei der Finanzierung ausserschulischer Betreuung aktiv mit einem zweckgebundenen Kredit für die Kita-Kosten.

Weiterbildung zur Förderung von Leadership & Inclusion

Mit ihren universitären und praxisorientierten Weiterbildungsprogrammen unterstützt Rochester-Bern Frauen auf dem Weg an die Spitze und fördert so ihre Partizipation auf der obersten Führungsebene. Firmenspezifische Programme, Kooperationen mit der Universität Bern sowie der University of Rochester (inkl. Forte Foundation) fördern die Karriereplanung von ambitionierten Geschäftsfrauen, die einen Aufstieg oder Wechsel anstreben.

Wir haben zwei solche Frauen in anspruchsvollen Führungspositionen interviewt, die in einem sehr fordernden Lebensabschnitt – Familien- und Firmengründung – auch eine Weiterbildung absolviert haben. Erfahren Sie im Interview, warum sie sich für eine Weiterbildung bei Rochester-Bern entschieden haben, was diese ihnen gebracht hat und was aus ihrer Sicht nötig ist für mehr Vielfalt und Inklusion auf Führungsebene.

 

Alumnae-Fokus: Aileen Zumstein, CAS für Verwaltungsräte, Rochester-Bern

Aileen Zumstein ist mehrfache Gründerin, Inhaberin aizu communication GmbH sowie Gründungsmitglied und Beirat Awina.

Sie haben im 2019 den CAS für Verwaltungsräte bei Rochester-Bern absolviert. Warum haben Sie genau diesen Studiengang gewählt und wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

«Ich habe bewusst einen Zertifikatslehrgang angestrebt und verschiedene Angebote miteinander verglichen. Ein Kollege, der bei Rochester-Bern sein EMBA gemacht hat, empfahl mir Rochester-Bern wärmstens weiter. So ging ich an den Info-Anlass. Neben dem Programm haben mich vor allem die Teilnehmenden überzeugt: eine bunte, sehr diverse Gruppe bodenständiger, spannender Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich auf Augenhöhe begegneten. Der CAS hat meine Erwartungen absolut erfüllt.»

Wie sind Sie zu Ihrem ersten VR-Mandat gekommen? Hatten Sie Hürden zu überwinden?

«Eine der Voraussetzungen für den CAS für Verwaltungsräte war es just, über ein Mandat zu verfügen – dieses hatte ich bei einer mitgegründeten AG. Während dem CAS war ich bei einem Konzern und einer regionalen Bank eingeladen und ich merkte, dass mehrjährige VR-Erfahrungen, politische Kontakte und Beziehungen für viele Mandate sehr wichtig waren.»

Welchen Rat haben Sie an Frauen, die in einen Einsitz in einen Verwaltungsrat anstreben?

«Den Mut haben und diesen Wunsch offen aussprechen. Kommunizieren und präsent sein, offline wie auch online, ist unerlässlich. Es ist wichtig, die eigene Expertise und den eigenen Mehrwert für ein Unternehmen zu erwähnen und dabei nicht bescheiden zu sein. Welche Skills, welches Wissen sind da und wie können sie eingebracht werden? Für die digitale Sichtbarkeit empfehle ich, Fachartikel zu publizieren, zu wichtigen Themen konkret Stellung zu beziehen und seine Meinung zu äussern, Ergebnisse, die man erzielt hat, zu teilen. Und falls gewisse Skills noch fehlen, gilt es den Rucksack zu füllen mit einer entsprechenden Aus- oder Weiterbildung.»

Wie wichtig ist das berufliche Netzwerk und wie pflegen Sie es? Hat Ihnen der CAS in dieser Hinsicht einen Mehrwert gebracht?

«Ein eigenes Netzwerk aufzubauen und aktiv zu pflegen ist für eine Verwaltungsratstätigkeit sehr wichtig. Das habe ich schon ganz zu Beginn meiner Karriere verinnerlicht und auch während der Pandemie nicht versäumt. Ehemalige Arbeitskolleg:innen treffen, mich mit Kund:innen und Partner:innen regelmässig austauschen, meine Mentorin sehen… Berufliches und Privates vermischt sich bei mir oft. Ich überlege mir bei meinem Netzwerk nicht: wer bringt mir etwas, sondern: wer inspiriert mich und was trägt zum persönlichen Wachstum bei. Ich bin auch in einer Unternehmerorganisation sowie im VR Circle von Rochester-Bern als Teil vom Advisory Board und bin auf LinkedIn präsent und aktiv. Netzwerken ist letztendlich immer ein Geben und Nehmen.»

Welche Massnahmen sind aus Ihrer Sicht nötig, um mehr Frauen in Top-Führungspositionen zu bringen?

«Der Dialog rundum reelle Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie findet bereits statt und die Massnahmen sind bekannt, jetzt geht es vielmehr um das Tempo bei der Umsetzung.

Ich finde ich Co-Leadership ganz wichtig, gerade auf Führungsebene. Top-Sharing gibt es noch viel zu selten, ist aber eindeutig am Aufkommen. Einige Firmen nehmen ihre Corporate Responsibility in dieser Hinsicht wahr. Teilzeitstellen sollen für alle sein, gerade auch für Männer. Generell braucht es einen Kulturwandel zum New Work. Corona hat gezeigt, dass "work from anywhere" bei vielen Unternehmen möglich ist. Damit Frauen, gerade als Mütter, Führungspositionen innehaben können, muss eine neue, frauenfreundliche Anwesenheits- und Sitzungskultur her. Das klassische 8-17 Uhr muss durchbrochen werden: Wenn Sitzungen frühmorgens oder spätabends anstehen, Offsite-Meetings nicht mit dem Familienleben vereinbar sind, wird es für Frauen schwierig. Zudem muss Lohngleichheit gegeben sein und eine Elternzeit würde ebenfalls unterstützend wirken.»

 

Alumnae-Fokus: Beatrice Smit, MAS in General Management, Rochester-Bern

Beatrice Smit ist Chief Operating Officer bei der Axpo WZ-Systems AG

Sie haben kürzlich einen MAS in General Management bei Rochester-Bern absolviert. Warum haben Sie genau diesen Studiengang gewählt und wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

«Als Ingenieurin bringe ich mehr technisches als betriebswirtschaftliches Know-How mit, obwohl ich in den letzten Jahren on-the-job sehr viel mitnehmen konnte. Das Studium in General Management war perfekt, um mein praktisch erlangtes Wissen mit der Theorie zu verknüpfen.»

Welchen beruflichen und persönlichen Nutzen hat ihnen die Teilnahme am MAS in General Management bei Rochester-Bern gebracht?

«Bei meiner Arbeit in der Geschäftsleitung, bei der ich mir auch um viele strategische Themen Gedanken machen muss, kommen die Inhalte aus den Vorlesungen immer wieder zum Tragen. Dieses strategische Wissen und das Verstehen betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge ist in dieser Position unabdingbar.»

Gemäss einer Studie der Personalberatung Russel Reynolds stieg der Frauenanteil an der Spitze der SMI-Firmen 2021 auf 19 Prozent. Damit hat sich die Schweiz im europäischen Vergleich stark verbessert. Spüren Sie diese Entwicklung in Ihrem Berufsleben?

«Diese Entwicklung ist spürbar. Wie bereits erwähnt, bin ich Ingenieurin und habe am Technikum in Winterthur studiert. Ich bin es seit vielen Jahren gewohnt, die einzige Frau im Raum zu sein. Oftmals sogar in der ganzen Abteilung. Das wird sich wohl nicht so schnell ändern. Auch wenn wir kein SMI Unternehmen sind, bin ich aber ein lebendiger Beweis, dass sich etwas tut.»

Sie sind selber Mutter von zwei Kindern. Wie schätzen Sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein?

«Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz halte ich für absolut rückständig. Das reichste und innovativste Land der Welt ist nicht in er Lage, eine zeitgemässe Familienpolitik auf die Beine zu stellen und eifert immer noch veralteten Mustern nach. Die Elternzeit beispielsweise ist für mich eines der zentralen Mittel für die Gleichbehandlung der Geschlechter in der Einstellungspraxis. Ich hatte das grosse Glück, in meiner Karriere Vorgesetzte zu haben, die mich aufgrund meiner Qualifikationen und Talente und nicht als potenziell schwanger werdende Person beurteilt haben. Der beste Rat für alle, die ihren Job wechseln: choose your boss, not your job. Nur unter einer guten Führung kann man sich entwickeln.» 


CAS Leadership & Inclusion

Der Schwerpunkt des Studiengangs liegt auf Führungsfestigung, Kommunikationsstärkung und Diversitätsförderung. Die Weiterbildung stattet die Teilnehmenden mit Instrumenten zum professionellen Umgang mit Führungsherausforderungen aus, beleuchtet zielführende Kommunikationsmuster und fokussiert auf nachhaltige Diversitäts- sowie Inklusionsstrategien.

Erfahren Sie mehr zu diesem CAS und weiteren Weiterbildungsprogrammen von Rochester-Bern.

Zur Autorin

Neslihan Steiner ist Mitarbeiterin der Stabsstelle Kommunikation des Zentrums für universitäre Weiterbildung ZUW.