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Weiterbildung à la Dieter Bauer: Sprünge ins kalte Wasser

Er nimmt das Credo vom lebenslangen Lernen ernst: Dieter Bauer hat kürzlich den CAS nachhaltige Entwicklung abgeschlossen – im Alter von 58 Jahren. Obwohl das Pensionsalter langsam näher rückt, lernt der engagierte Raumplaner gerne immer wieder etwas Neues.

Von Martin Zimmermann, 2016

Dieter Bauer nippt im Innenhof der UniS an der Schanzeneckstrasse in Bern an seinem Kaffee. Er wirkt entspannt. Seit zwei Jahren besucht er berufsbegleitend den CAS «Nachhaltige Entwicklung» an der Universität Bern. Heute wird er am Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) als letzte Amtshandlung sozusagen endlich seine schriftliche Arbeit abgeben. «Das ist eine grosse Entlastung», sagt Bauer, «die Sache hat recht viel Zeit in anspruch genommen.» In seinem Studiengang war er mit seinen 58 Lenzen der älteste Kursteilnehmer. Warum tut man sich in diesem Alter noch eine ziemlich anspruchsvolle Weiterbildung an? Bauer lächelt, er hört die Frage nicht zum ersten Mal. «Es kommt auf die Perspektive an. Ich möchte gerne 100 Jahre alt werden, also stehe ich erst ungefähr in der Mitte meines Lebens» Da bleibt gemäss dem Planer noch genügend Raum, sich weiterzubilden. Fragen der nachhaltigen Entwicklung beschäftigen Dieter Bauer schon lange. Nach einer Lehre als Hochbauzeichner stiess er in den 1980er Jahren zu einem Architekturbüro, wo er Holzbau-Projekte und die Installation erster grossen Solaranlagen betreute. Um sich das nötige Fachwissen zu verschaffen, belegte er am damaligen Abendtechnikum in Bern einen Kurs zu erneuerbaren Energien. Die grosse Immobilienkrise zwang Dieter Bauer, sich 1990 beruflich neu zu orientieren. Er stieg als Teamleiter bei einer Informatik-KMU ein. Obwohl er bis dahin keinerlei Erfahrungen im IT-Bereich hatte, möchte er diese Erfahrung nicht missen, wie er sagt. Damals habe er sehr viel über Prozessmanagement in Betrieben gelernt, was ihm heute noch nützlich sei. «Ich entwickle mich eben gerne durch Sprünge ins kalte Wasser weiter.»

Den Blickwinkel erweitern

Vor einigen Jahren nahm Dieter Bauer eine berufliche Auszeit und belegte einen MAS-Studiengang in Umwelttechnik und -management an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Inzwischen ist der Walliser mit den schwäbischen Wurzeln wieder in sein ursprüngliches berufliches Umfeld zurückgekehrt und arbeitet als Experte für nachhaltige Entwicklung bei einem Zollikofer Ingenieur-, Planungs- und Beratungsunternehmen. Sein Steckenpferd: die nachhaltige Quartierentwicklung in Städten. «Die Idee der Nachhaltigkeit kam schon in den 80ern auf, aber bis heute geht es dabei vor allem um ökologische Fragen», resümiert Bauer. «Dabei braucht es einen breiteren Blickwinkel, der auch soziale Aspekte mit einbezieht.» Er zieht das viel zitierte verdichtete Bauen als Beispiel heran. Das Konzept sei an sich sinnvoll, erläutert der Experte, aber wenn dabei nur lauter teure Wohnungen mit riesigen Grundflächen entstünden, sei das nicht wirklich nachhaltig. «Eine nachhaltige Raumplanung muss auch den Menschen berücksichtigen.»

Er nimmt das Credo vom lebenslangen Lernen ernst: Dieter Bauer

«Raumplanung riecht nach Sozialismus»

Leider habe die Raumplanung in liberalen Gesellschaften generell einen schweren Stand, moniert Bauer. Der Grund: Im Zentrum der Raumplanung steht die Gemeinschaft und nicht das Individuum. «Das riecht halt irgendwie nach Sozialismus.» Auch die Schweiz mit ihren zahlreichen Einfamilienhaus-Siedlungen im Grünen leide an dieser Malaise, so Bauer weiter. Zwar gebe es durchaus fortschrittliche Gesetze in diesem Bereich. Aber die mit deren Umsetzung betrauten Behörden hätten oft nicht die Mittel um ihre Aufgaben richtig zu erfüllen. Um diesen Gegensatz kreist auch Bauers Abschlussarbeit, die er für seine Weiterbildung verfasst hat. Er untersucht darin, über welche rechtlichen und finanziellen Instrumente eine Stadt wie Bern verfügen muss, um ökologisches Bauen, Raumplanung und soziale Aspekte miteinander zu verbinden und Verdichtungsprojekte nachhaltig zu realisieren.

Mühe, den Rhythmus zu finden

Den sozialen Aspekt der nachhaltigen Entwicklung hätte Dieter Bauer auch im Berner CAS gerne etwas vertiefter behandelt. Er regt zudem an, die einzelnen Kurstage zu längeren Blöcken zusammenzufassen, statt sie durch teils mehrmonatige Intervalle voneinander zu trennen. Diese «On-Off»- Struktur habe es ihm schwergemacht, einen Rhythmus zu finden. Unter dem Strich zieht Bauer trotzdem eine positive Bilanz: «Ich konnte viele neue Kontakte knüpfen und dadurch meine Ansichten in vielen Themenbereichen weiterentwickeln.» Apropos, der nächste grosse Entwicklungsschritt ist schon in Sicht: Langsam aber sicher bereitet sich Dieter Bauer auf seine Pensionierung vor. Zeit für einen ausgedehnten Urlaub also, vielleicht in Übersee oder in Asien? Bauer winkt ab; Fliegen sei schliesslich nicht nachhaltig. Überhaupt mag der Vater dreier erwachsener Kinder («Alles wascechte Stadtberner!») keine scharfe Trennlinie zwischen Beruf und Freizeit ziehen. Insofern setzen Bauers Pläne für den Unruhestand sein bisheriges Wirken logisch fort: «Ich engagiere mich in der neuen Wohnbaugenossenschaft auf dem Berner Warmbächli Areal», sagt er – natürlich mit einem besonderen Fokus auf die sozialen Aspekte nachhaltigen Bauens.

Der CAS Nachhaltige Entwicklung wird von der Universität Bern seit 2005 erfolgreich angeboten. Er vermittelt den theoretischen Kern und die unterschiedlichen Ausprägungen der Leitidee Nachhaltige Entwicklung. 61 Personen haben in dieser Zeit ihren Abschluss gemacht, 29 Frauen und 32 Männer (Stand August 2016).

Der berufsbegleitende Studiengang hat einen inter- und transdisziplinären Ansatz und richtet sich an Personen aus der öffentlichen Verwaltung, der Privatwirtschaft und von Nichtregierungs-Organisationen (NGO). Die Dozentinnen und Dozenten stammen aus Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und von NGOs.

Der Studiengang ist auf den drei Komponenten «Grundlagen», «Handlungsfelder» und «Umsetzung» aufgebaut. Er kann sehr flexibel innerhalb von einem Jahr absolviert werden. Wer mehr Zeit braucht, kann den Abschluss auch in einem Zeitraum von bis zu drei Jahren machen. Die Themenpalette ist breit gefächert; sie reicht von den theoretischen Grundlagen über die Mobilität und Raumentwicklung bis zum nachhaltigen Eventmanagement. Die verschiedenen Module des Studiengangs können auch einzeln als Weiterbildungskurse gebucht werden. 

Erfahren Sie mehr zum CAS Nachhaltige Entwicklung