Geburt in den Händen der Hebammen

Die Geburt ist wohl der risikoreichste Augenblick im Leben jedes Menschen…
Dieses Zitat oder ähnliche Pointierungen finden sich noch heute in den Lehrbüchern zur Geburtshilfe. Viele Risiken liessen sich dank der modernen Medizin verringern. Doch ein Blick zurück in die Lehrbücher vergangener Jahrhunderte zeigt, dass das Gebären schon immer eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod für Mutter und Kind war. Vor dem Aufkommen der Entbindung durch den Kaiserschnitt und dem weitverbreiteten Gebrauch von medizinischen Instrumenten, wie beispielsweise der Geburtszange, lag das Gelingen einer Geburt wortwörtlich in den Händen der Hebammen. Bis weit ins 17. Jahrhundert wurde die praktische Geburtshilfe nur durch sie ausgeführt, die Männer durften nicht dabei sein.

Die Hebammen gaben ihr Wissen mündlich weiter, bis es ab dem 16. Jahrhundert in Lehrbüchern zusammengefasst und an neugegründeten Hebammenschulen gelehrt wurde. Dies nicht etwa in Latein, der Sprache der Gelehrten, sondern in den Volkssprachen. Eines der ersten deutschsprachigen Lehrbücher ist der Rosengarten von Eucharius Rösslin. Dieser beinhaltet die als wichtig angesehenen Fachtexte seiner Zeit. Solche Textsammlungen wurden auch als Rosengärten bezeichnet, weil sie wertvolle Texte, edlen Blumen ähnlich, enthielten. Das Ziel war es, die Geburtshilfe zu professionalisieren und die Hebammen unter staatliche Kontrolle zu bringen. Noch immer war ihr Arbeitsfeld von vielen Aberglauben und Mythen besetzt, die sich auch auf das gesellschaftliche Bild der Hebamme auswirkten, z. B. durch den Vorwurf der Hexerei. Mit dem Buchdruck geriet die Geburtshilfe zunehmend in den Fokus der akademischen Betrachtung. So etwa im Fachgebiet Anatomie: Sie lüftete die Geheimnisse der Schwangerschaft und Geburt nach und nach durch die Sektion von Leichen.

Als der Geburtsvorgang zum wissenschaftlichen Gegenstand wurde, sahen sich die Hebammen zunehmend ausgeschlossen von den Neuerungen und Fortschritten in ihrem Fachgebiet. So war ihnen z. B. das Gebrauchen der Geburtszange untersagt, vom Universitätsstudium waren sie ausgeschlossen. Unproblematische Geburten durften sie zwar begleiten, waren aber im Falle einer Komplikation angehalten, einen akademisch ausgebildeten Arzt beizuziehen. Obwohl dieser einer erfahrenen Hebamme an Praxiswissen oft weit unterlag, trug er die Verantwortung für das Leben von Mutter und Kind. Doch nicht in allen Fällen konnte der Arzt rechtzeitig herbeigerufen werden und so war die Hebamme noch bis weit ins 20. Jahrhundert oft die einzige Hilfe an der Seite der werdenden Mütter.