ancien ou moderne

Mit der Gründung der ersten staatlichen Akademie für Architektur in Europa, der Académie Royale d’Architecture, im Jahr 1671 in Paris wird erstmals eine Standardisierung in der Ausbildung von Architekten vollzogen. Während der Gründungsdirektor François Blondel im Cours d’Architecture von 1675 (Signatur: MUE Rar alt fol 785) Stellung zur Pflege der aus der Antike überlieferten Formen und Proportionen bezieht, äussert sich sein Kontrahent Claude Perrault als ein dem guten Geschmack (le bon goût) der eigenen Zeit verpflichteter Theoretiker.

Und dies, obgleich Perrault 1673 eine Neuübersetzung von Vitruv ins Französische (Signatur: MUE Rar alt fol 773) erarbeitet und sich also intensiv mit dem Gedankengut der Antike befasst. Dieser Antagonismus ist im Rahmen einer Modernisierungsdebatte als so genannte Querelle des anciens et des modernes bekannt geworden.

Augustin-Charles Daviler bereitet in seinem Cours d’Architecture 1691 (Signatur: MUE Rar alt 10091:1) mit den Säulenordnungen erneut den Kernbestand der Architektur systematisiert und anwendungsgerecht auf. Im ersten Wörterbuch der Architektur, der Explication des Termes de l’Architecture von 1691 (Signatur: MUE Rar alt 10091:2), erörtert Daviler Begriffe aus Geometrie, Mathematik, Architektur etc., klärt aber auch Auslegungsfragen von antiken Wörtern für die eigene Zeit.

Einen rationalen Klassizismus vertritt im späten 18. Jahrhundert der Architekt Jacques-François Blondel in seinem Cours d’Architecture von 1771 (Signatur: MUE Rar alt 9321:1), der die Vorlesungen an seiner privaten, 1743 gegründeten Architekturschule, der École des Arts, wiedergibt.

Ganz der Moderne verpflichtet zeigt sich der Architekt Germain Boffrand, der in seinem Livre d’Architecture von 1745 (Signatur: MUE Rar alt fol 769) fast ausschliesslich eigene Bauwerke in grossformatigen Stichen präsentiert.