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Jahresmedienkonferenz: Neu formierte Universitätsleitung stellt sich finanziellen Herausforderungen

Unter dem neuen Rektor Martin Täuber wurden die bisherigen Vizerektorate umstrukturiert und um zwei weitere ergänzt. Eine Vizerektorin und drei Vizerektoren sind nun für die Bereiche Lehre, Forschung, Qualität und Entwicklung zuständig. Das Ziel ist, die steigenden Anforderungen besser bewältigen zu können. Wegen der weiter steigenden Studierendenzahlen stösst die Universität an ihre Kapazitätsgrenzen: Dieses Jahr werden es 15'300 Studierende sein.

An der Jahresmedienkonferenz stellte der neue Rektor Martin Täuber die neuen Mitglieder der Universitätsleitung vor: Der Sprachwissenschaftler Prof. Bruno Moretti leitet das Vizerektorat Lehre, welches die Kerngeschäfte des bisherigen Zentrums Lehre übernimmt. Es wird vor allem für Bologna, die Mobilität und die Lehrverwaltung zuständig sein. Zu seinen Aufgaben gehört die Einführung des neuen elektronischen Systems für die Verwaltung der Studienleistungen und die zweite Phase der Bologna-Reform. Prof. Christian Leumann ist der neue Vizerektor Forschung. Der Chemiker übernimmt vom früheren Zentrum Forschung die Leitung der Bereiche Forschung, Forschungsförderung, Evaluation, Nachwuchsförderung und Wissenstransfer. Er wird die Forschungsevaluation etablieren und mit der Universität Freiburg einen gemeinsamen Fachbereich Bioinformatik aufbauen. Die Geographin Prof. Doris Wastl-Walter ist für das neu geschaffene Vizerektorat Qualität zuständig. Dieses befasst sich mit der Qualitätssicherung und Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern an der Universität. Wastl-Walter wird zudem ein Nachhaltigkeitskonzept erarbeiten und die Universität für Audits und Akkreditierungen vorbereiten. Das ebenfalls neu geschaffene Vizerektorat Entwicklung wird vom Psychologen Prof. Walter Perrig geleitet. Er soll die Positionierung und Vernetzung der Universität in der Hochschullandschaft festigen. Zu seinem Bereich gehören die Aussenbeziehungen, die Karriereförderung und die universitäre Weiterbildung, die vormals im Zentrum Lehre angesiedelt waren.

Überarbeitung der Strategie 2012

Wie Rektor Täuber berichtete, wurde ein wesentlicher Teil der Neuerungen, die das neue Unigesetz vom Februar dieses Jahres mit sich brachte, bereits umgesetzt. Dies betrifft insbesondere die Anstellung von Professorinnen und Professoren, die dank der neuen Autonomie der Universität in den Berufungsverfahren wesentlich schneller vonstatten geht. Mehr Zeit werden hingegen die komplexen Anpassungen im Finanzbereich in Anspruch nehmen. Diese sollen per 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Die neue Universitätsleitung folgt der Strategie 2012 und wird diese überarbeiten. Die Strategie soll vor allem die Ausbildung und Nachwuchsförderung stärken und strebt eine internationale Profilierung sowie die regionale Verankerung der Universität an. In allen drei strategischen Schwerpunkten war Bern im vergangenen Jahr erfolgreich: Mit einem attraktiven Studienangebot, das noch mehr Studierende anzog und mit der Gründung von vier Forschungszentren, welche die wissenschaftliche Profilierung international weiter schärfen: in den Bereichen Lernen und Gedächtnis, Hochenergiephysik, Weltraumforschung sowie regionale Ökonomie und Entwicklung. Mit letzterem verstärkt die Universität auch ihre regionale Verankerung, indem sie Impulse für die regionale Wirtschaft inklusive Tourismus liefern und so die Positionierung der Hauptstadtregion wissenschaftlich unterstützen will.
Auch bei der Einwerbung von Drittmitteln für die Forschung war die Universität Bern im letzten Jahr wiederum sehr erfolgreich, nicht zuletzt auch bezüglich Geldern der EU-Forschungsförderung.

Über 15’000 Studierende – Universität stösst an ihre Grenzen

Erneut steigen die Studierendenzahlen – sowohl insgesamt als auch bei den Erstsemestrigen aller Studienstufen. Wie Täuber bekannt gab, werden im Herbstsemester 2011 voraussichtlich 15'300 Studierende in Bern immatrikuliert sein. Dies entspricht einer Zunahme um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit ist die «magische Grenze» von 15'000 Studierenden deutlich überschritten, bis zu welcher laut Universitätsleitung eine optimale Ausbildung und Betreuung der Studierenden bei gleichbleibenden Mitteln gerade noch möglich sei. Damit und mit den erwähnten Neugründungen und Schwerpunktsetzungen hat die Universität Bern eine Grösse und Profilierung erreicht, die mit den gegenwärtig verfügbaren Mitteln nicht weiter ausgebaut werden kann. Entsprechend wird die neue Universitätsleitung laut Täuber vor allem das Erreichte pflegen und qualitativ weiterentwickeln.

Schwierige finanzielle Lage

Laut Verwaltungsdirektor Daniel Odermatt ist Bern die finanziell am meisten herausgeforderte Universität der Schweiz. Sie hatte 2010 den tiefsten Kantonsbeitrag pro Studierende; zudem ist dieser Beitrag im Gegensatz zu den anderen vergleichbaren Universitäten rückläufig. Trotzdem ist laut Odermatt die Universität Bern erfolgreich, weil sie effizient arbeitet und die fehlenden Mittel durch den Bund und die Beiträge anderer Kantone kompensieren kann. So ist auch die Summe der eingeworbenen Drittmittel von Forschungsförderungsinstitutionen, Wirtschaft und Gemeinwesen zwischen 2000 und 2010 um insgesamt 91 Prozent angestiegen.

Der Verwaltungsdirektor betonte denn auch die Wertschöpfung der Universität für den Kanton Bern: zunächst in Form ihrer akademisch gebildeten Abgängerinnen und Abgänger sowie Nachwuchsforschenden und den Forschungserkenntnissen, der Beratung und weiteren Dienstleistungen, die sich nicht direkt in Geldwerte umrechnen lassen. Mit ihren eingeworbenen Drittmitteln holt die Universität Bern auch eine erhebliche finanzielle Wertschöpfung in den Kanton – durch die Versteuerung von über 400 Millionen Gehältern und mehr als 300 Millionen übrigen Ausgaben, die zu einem grossen Teil Produzenten und Dienstleistern des Kantons zugute kommen. Eine Studie des Volkswirtschaftsprofessors Gunter Stephan habe zudem gezeigt, dass jeder Franken, den der Kanton in seine Universität steckt, fünf Franken regionalwirtschaftlichen Effekt im Kanton generiert. Laut Daniel Odermatt ist sich die Universitätsleitung bewusst, dass ein Ausbau der Mittel für den Kanton trotz steigender Studierendenzahlen kaum finanzierbar ist. Ein Leistungsabbau könne aber auch nicht die Lösung sein, sondern nur ein kontinuierliches – auch finanzielles – Bekenntnis des Kantons zu seiner Universität. Nur auf dieser Grundlage könne sich die Universität durch eigene Massnahmen zum Nutzen des Kantons weiter entwickeln.

Start ins neue Semester mit der «Nacht der Forschung»

Die Universität Bern nimmt am 23. September erstmals an der europaweit durchgeführten «Nacht der Forschung» teil. In der Schweiz ist sie dieses Jahr die einzige Uni, die sich daran beteiligt und Wissenschaft für eine breite Öffentlichkeit erlebbar macht. Aus allen Fachrichtungen werden über 50 Projekte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf unterhaltsame Art vorgestellt – unter anderem mit Klima-Poker, Laser-Parcours oder Kaffeehausgesprächen mit den Forschenden. Finanziert wird das «Wissensfest» durch EU-Gelder sowie Sponsoren.

15.09.2011