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Drei Forschende der Universität Bern erhalten 4,8 Millionen Fördergelder

Der Physiker Andrea Cannizzo, der Mikrobiologe Siegfried Hapfelmeier und die Immunologin Kathy McCoy erhalten vom Europäischen Forschungsrat je einen «Starting Grant» von 1,6 Millionen Franken. Sie erforschen ultraschnelle Prozesse bei Molekülen, Immunreaktionen bei Darmkrankheiten und die Entstehung von Allergien.

Molekulare Zeitmessung präziser machen

Andrea Cannizzo (37), Postdoc am Institut für angewandte Physik und beim NCCR «MUST» (Molecular Ultrafast Sciences and Technology), erhält einen Starting Grant in der Höhe von 1,6 Millionen Franken für ein Projekt im Bereich der ultraschnellen Prozesse von Molekülen. Die Laufzeit seines Projekts beträgt fünf Jahre.

Proteine sind wegen ihrer Interaktion untereinander die ausgeklügeltsten «molekularen Maschinen». Die komplexen Prozesse laufen auf kleinsten Zeitskalen ab – von einer Quadrillionstelsekunde bis zu einer Millisekunde. Bisher war es selbst mit den neuesten experimentellen Techniken nur begrenzt möglich, Informationen zur Struktur und Dynamik von Proteinen zu erhalten. Andrea Cannizzo will nun für eine präzisere Analyse mehrdimensionale ultraschnelle optisch-spektroskopische Verfahren um das Ultraviolett-Spektrum erweitern. Damit sollen erstmals sowohl strukturelle als auch zeitliche Informationen über Proteine gefunden und gekoppelt werden. Diese neue Technik wird dazu dienen, die Interaktion zwischen Proteinen besser zu verstehen, zum Beispiel die Enzymregulation im Hämoglobin oder Transfer-Phänomene in Biomolekülen zu berechnen.

Immunreaktionen besser verstehen

Dr. Siegfried Hapfelmeier (38) forscht am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern. Für sein Projekt erhält der Mikrobiologe den zweiten Berner ERC Starting Grant, der ebenfalls mit 1,6 Mio Franken dotiert ist und eine Laufzeit von Oktober 2011 bis September 2016 hat.

Der gesunde menschliche Darm enthält eine riesige Zahl an normalerweise gutartigen Bakterien, die der Verdauung helfen. Zwischen diesen «gutartigen» Darmbakterien und dem Immunsystem herrscht normalerweise ein friedliches Miteinander. Gegen krankheitserregende, also pathogene Bakterien hingegen, die den Körper bedrohen, antwortet der menschliche Organismus mit einer heftigen Immunreaktion und Durchfall. Mit einem neuartigen Ansatz will der Mikrobiologe Siegfried Hapfelmeier diese Immunantworten besser verstehen lernen. So entwickelt er pathogene Bakterien, die aufgrund eines Stoffwechseldefektes nur für wenige Stunden den Darm bevölkern können. So kommt es zwar zur Erkennung der Pathogene durch das Immunsystem aber nicht zur explosionsartigen Vermehrung der Erreger und zu keiner anhaltenden Infektion. Dadurch hofft der Forscher, die frühen Schritte der Immunreaktion besser nachvollziehen zu können. Die Erkenntnisse sollen zu einem tieferen Verständnis von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten beitragen und womöglich eine Basis für ausgeklügelte Lebendimpfstoffe legen.

Zusammenhang zwischen Hygiene und Allergien untersuchen

Der dritte mit 1,6 Millionen Franken dotierte Starting Grant geht an Prof. Dr. Kathy McCoy (47) für die Erforschung von immunologischen Mechanismen bei Allergien und Autoimmunerkrankungen. Sie ist in der Forschungsgruppe Gastroenterologie am Departement Klinische Forschung der Universität Bern tätig. Ihr Projekt hat ebenfalls eine Laufzeit von fünf Jahren.

Kathy McCoy beschäftigt sich mit der so genannten «Hygiene-Hypothese»: Epidemiologische Studien haben ergeben, dass Verbesserungen in der Hygiene die Anfälligkeit für Allergien oder Autoimmunerkrankungen in den entwickelten Ländern fördern. Dieser Anstieg in den vergangenen 40 Jahren könnte eventuell dadurch begründet werden, dass Menschen in ihrer Kindheit immer weniger Mikroben ausgesetzt seien. Unklar bleibt dagegen immer noch, welche immunologischen Mechanismen genau involviert sind und wie sie miteinander zusammenhängen. McCoy will nun diese Vorgänge offenlegen, um den möglichen positiven Einfluss der Mikroben auf unser Immunsystem besser zu verstehen. Damit sollen Allergien und Autoimmunkrankheiten einerseits vorgebeugt werden, andererseits sollen sie dadurch auch leichter behandelt werden können.

Die «Starting Grants» aus Brüssel

Der von der Europäischen Union 2007 gegründete «European Research Council» (ERC) ist die erste gesamteuropäische Förderagentur für Spitzen-Grundlagenforschung. Seine Aufgabe und sein Anspruch ist die Förderung der freien Forschung der besten Forschenden Europas. Berner Forschende wurden bisher achtmal mit einem Förderpreis ausgezeichnet.

19.08.2011