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Opiate bei Arthrose: Geringer Nutzen, hohe Risiken

Menschen, die an schwerer Arthrose leiden, sollten sehr zurückhaltend mit Opiaten behandelt werden. Der Nutzen dieser Schmerzmittel ist gering und steht einem hohen Risiko für Nebenwirkungen gegenüber, wie ein Forschungsteam an der Universität Bern nun herausgefunden hat.

In der Schweiz muss jeder vierte Erwachsene über 35 Jahre wegen chronischer Hüft- oder Knieschmerzen behandelt werden. Patienten mit starken Schmerzen erhalten manchmal Opiate, wenn die üblichen Medikamente nicht mehr nützen oder sie diese nicht vertragen. Nun haben Eveline Nüesch und Kollegen im Forschungsteam von Peter Jüni am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern in einer Übersichtsstudie die Wirksamkeit der Opiate Morphin, Kodein, Fentanyl, Oxycodon und Oxymorphon untersucht. In der Schweiz erhalten zwischen 10'000 und 50'000 Hüft- und Kniearthrosepatienten diese Medikamente. Die Studie im Rahmen des NFP 53 («Muskuloskelettale Gesundheit – Chronische Schmerzen») wurde heute in der renommierten «Cochrane Library» publiziert.

Unklares Suchtrisiko

Für die Untersuchung werteten die Forschenden zehn klinische Studien mit insgesamt 2268 Patienten aus. Es zeigte sich, dass die Opiate zwar Schmerzen leicht lindern und die Beweglichkeit der Gelenke geringfügig verbessern. «Doch die Wirksamkeit war überraschend klein», sagt Eveline Nüesch. Zudem fand sich kein Hinweis darauf, dass eine höhere Dosis die Wirkung verbessert. Patienten, die Opiate erhielten, mussten aber aufgrund von Nebenwirkungen etwa viermal häufiger ihre Therapie abbrechen als Patienten, die ein Scheinmedikament (Placebo) einnahmen. Zudem ist laut der Studie viel zu wenig bekannt über das Suchtpotenzial der Opiate für Arthrose-Patienten, die oft über einen langen Zeitraum behandelt werden müssen.

Die Forschenden warnen aufgrund der Resultate, die untersuchten Opiate bedenkenlos einzusetzen. «Ärzte sollten diese Medikamente nur mit Vorsicht verschreiben – selbst wenn Arthrosepatienten starke Schmerzen haben», sagt Peter Jüni. Auch wenn seine Forschungsgruppe in der Untersuchung nicht alle Opiate berücksichtigt habe, so müsse trotzdem bei schwerer Arthrose ein Gelenkersatz als Alternative zu den Opiaten in Betracht gezogen werden. Allerdings gelte es, auch die Risiken eines solchen Eingriffs gründlich zu beurteilen.

Nationales Forschungsprogramm «Muskuloskelettale Gesundheit – Chronische Schmerzen» (NFP 53) 

Die Gesundheit des Bewegungsapparats ist für das Schweizer Gesundheitswesen von grosser Bedeutung: Rund ein Drittel aller Arztkonsultationen geht auf Beschwerden im Bewegungsapparat zurück. Das Nationale Forschungsprogramm «Muskuloskelettale Gesundheit – chronische Schmerzen» (NFP 53) hat während 5 Jahren die Gesundheit des Bewegungsapparats in der Schweizer Bevölkerung erforscht und zeigt Möglichkeiten auf, wie diese verbessert werden kann. Am 29. Oktober 2009 findet die Abschlussveranstaltung des NFP statt.

Quellenangabe:

Nüesch E., Rutjes A.W.S., Husni E., Welch V., Jüni P.: Oral or transdermal opioids for osteoarthritis of the knee or hip. Cochrane Database of Systematic Reviews 2009, Issue 3. Art. No.: CD003115. DOI: 10.1002/14651858. CD003115.pub2.
Als PDF beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) erhältlich: Bitte hier bestellen. 

07.10.2009