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Wirkung von MS-Medikament belegt

Das Medikament Natalizumab (Tysabri®) wird eingesetzt, um Patienten mit Multipler Sklerose zu behandeln. Eine Studie aus dem Theodor Kocher Institut der Universität Bern zeigt nun zum ersten Mal live in einem Video den Wirkmechanismus des Medikaments im Organismus.

In einer Studie vom Januar 2009 beschrieb ein Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Britta Engelhardt des Theodor Kocher Instituts der Universität Bern die Wirkungsweise des MS-Medikaments Natalizumab. Nun konnten die Forschenden in einer Komplementärstudie die Wirkung des Medikaments mittels Videos erstmals live darstellen und somit eindeutig belegen. Die Studie und die Videos wurden nun im «Journal of Immunology» publiziert.

Bei der Multiplen Sklerose greifen die T-Zellen des Immunsystems, die normalerweise unseren Körper gegen Krankheitserreger schützen, das zentrale Nervensystem (ZNS) an. Sie überwinden die Blut-Hirn-Schranke, eine physiologische Barriere, die das Gehirn vor im Blutkreislauf zirkulierenden Krankheitserregern schützt, und dringen in das ZNS ein. Im ZNS zerstören die T-Zellen dann die Schutzschicht von Nervenzellen, das Myelin. Dies führt zu einer Störung der Informationsübermittlung der Nervenzellen und letztendlich zum vielfältigen klinischen Erscheinungsbild der MS, das sich unter anderem in Behinderungen oder beeinträchtigter Sinneswahrnehmung äussert. Typischerweise treten diese Krankheitszeichen in Schüben auf.

Seit einiger Zeit wird zur Behandlung der MS das Medikament Natalizumab (Tysabri®) eingesetzt. Es besteht aus einem monoklonalen (auf eine einzige Mutterzelle zurückgehenden) Antikörper, welcher das Einwandern von Immunzellen in das ZNS verhindern soll. Das Medikament bindet an ein Adhäsionsmolekül mit dem Namen α4-Integrin. Dieses Molekül befindet sich auf der Oberfläche von T-Zellen und verbindet diese miteinander. Es wird vermutet, dass eine Blockade von α4-Integrin durch den Antikörper Natalizumab das Einwandern von T-Zellen über die Blut-Hirn Schranke in das ZNS verhindert. Dadurch klingt die Entzündungsreaktion im ZNS von MS-Patienten ab.

Die Forschenden des Theodor Kocher Instituts konnten nun mittels mikroskopischer Videoaufnahmen zeigen, dass menschliche, im Blutkreislauf zirkulierende T-Zellen, die mit Natalizumab behandelt wurden, nicht fest an die Blut-Hirn Schranke binden können. «Somit können die zerstörerischen T-Zellen nicht mehr in das Zentrale Nervensystem einwandern, worauf die Entzündungsreaktion abklingt», erläutert Britta Engelhardt. «Unsere Studie belegt daher eindeutig die bislang aufgrund von Tierversuchen vermutete Wirkungsweise des Medikaments.»

Quellenangabe:

Caroline Coisne, Wenxian Mao, Britta Engelhardt: Cutting Edge: Natalizumab Blocks Adhesion but Not Initial Contact of Human T Cells to the Blood-Brain Barrier In Vivo in an Animal Model of Multiple Sclerosis. Journal of Immunology, 07. Mai 2009, 182, S. 5909-5913, doi: 10.4049/jimmunol.0803418

Erste Studie des Theodor Kocher Instituts zur Wirkungsweise von Natalizumab:
Martina Bauer, Cord Brakebusch, Caroline Coisne, Michael Sixt, Hartmut Wekerle, Britta Engelhardt, and Reinhard Fässler: β1-Integrins differentially control extravasation of inflammatory cell subsets into the CNS during autoimmunity. Proceedings of the National Academy of Sciences 2009, doi:10.1073/pnas.0808909106.

Vgl. dazu auch die Medienmitteilung der Universität Bern vom 30.01.2009

08.05.2009