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Die Universität Bern ist zurück auf dem Mond

Die Astronomen der Universität Bern sind wieder präzis gelandet – sowohl zeitlich als auch örtlich: Zum Jahrestag der ersten Mondlandung liefert die Sternwarte Zimmerwald einzigartige Daten. Das Berner Teleskop konnte erstmals die Entfernungsänderungen einer Mond-Sonde in einer Distanz von über 350'000 Kilometern messen – auf den Zentimeter genau.

Am Montag, dem 20. Juli 2009, hat die Universität Bern pünktlich zum 40-jährigen Jubiläum der ersten Mondlandung wieder an einem internationalen Mondexperiment teilgenommen:

Bei der ersten Landung 1969 hatten die Astronauten ein Berner Sonnensegel mit an Bord, und heute konnte die Sternwarte Zimmerwald des Astronomischen Instituts zum ersten Mal erfolgreich Distanzen zu einem Satelliten messen, der den Mond in wenigen Dutzend Kilometern Höhe umkreist, wie Astronom Werner Gurtner erklärt. «Einzigartig daran ist, dass das Teleskop in Zimmerwald eine Distanz Erde-Satellit von über 350'000 Kilometern überbrücken konnte», so Gurtner. Bisher betrug die maximale Messdistanz rund 25'000 Kilometer.

Die amerikanische Erkundungssonde «Lunar Reconnaissance Orbiter» (LRO) war im letzten Juni mit der Aufgabe ins All gebracht worden, den Mond mit einer Weitwinkelkamera neu zu kartieren und mit Hilfe eines Laser-Distanzmessers ein hochgenaues dreidimensionales Modell der Mondoberfläche zu erstellen.

Messungen auf den Zentimeter genau

Die Technik hinter den Distanzmessungen zwischen der Sternwarte Zimmerwald und dem LRO sind komplex: Der Laser-Distanzmesser auf der Mondsonde besitzt zusätzlich ein auf die Erde gerichtetes, kleines Teleskop. «Mit ihm können Laserpulse, die von der Erde aus gesendet werden, aufgefangen und die genauen Empfangszeiten gemessen werden», erklärt Werner Gurtner. Aus den zeitlichen Differenzen zwischen Start- und Empfangszeit der Laserblitze lassen sich schliesslich die Veränderungen der Distanzen zwischen Sendestation auf der Erde und Mondsonde «zentimetergenau ermitteln und so die hochgenaue Umlaufbahn der Sonde bestimmen», wie Gurtner erklärt.

Quantensprung in der Fundamental-Astronomie

Damit diese Laser-Distanzmessungen gelingen, müssen die stark gebündelten Laserpulse innerhalb eines Messfensters von wenigen Tausendstelsekunden an der Sonde eintreffen. «Nur mit Sende- und Empfangszeiten von Bruchteilen einer Milliardstelsekunde kann die geforderte Zentimeter-Genauigkeit der Distanzen erreicht werden», so Gurtner. Diese präzisen Messungen seien ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Bahnvermessung im interplanetarischen Massstab und damit «ein Quantensprung in der Himmelsmechanik und Fundamental-Astronomie», sagt der Berner Astronom.

Die LRO-Mission dauert ein Jahr

Die ersten Messversuche zwischen Erde und der Mondsonde LRO wurden anfangs Juli vom «Goddard Space Flight Center» in der Nähe von Washington, D.C. und vom «McDonald-Observatory» in Texas aus erfolgreich durchgeführt. Nach den Tests aus Herstmonceux (England) lieferte auch – exakt zum Mondlandungs-Jahrestag vom 20. Juli – die Sternwarte Zimmerwald erfolgreich erste Daten. Für den «Lunar Reconnaissance Orbiter» ist eine Missionsdauer von einem Jahr geplant.

Sternwarte Zimmerwald

Die Station Zimmerwald des Astronomischen Instituts der Universität Bern ist mit einem der modernsten und flexibelsten Messsysteme für die Satellitendistanzmessung ausgerüstet. Täglich werden bei schönem Wetter Beobachtungen zu rund 25 Satelliten durchgeführt, die mit Reflektoren ausgerüstet sind. Die maximale Messdistanz zu solchen Satelliten beträgt etwa 25'000 Kilometer, zu mit Empfangsteleskopen ausgerüsteten Sonden nun gut 400’000 Kilometer. Die Satellitenbeobachtungsstation ist Teil eines weltumspannenden Netzes von etwa 30 Observatorien des «International Laser Ranging Service», die regelmässig Bahnen von Erd-Satelliten vermessen. Diese Beobachtungstechnik wird in den Bereichen der Erdvermessung, Geophysik, Ozeanographie, Atmosphärenphysik, Navigation und Raumfahrt bis zur allgemeinen Relativitätstheorie angewandt. Die Sternwarte Zimmerwald wird auch vom Nationalfonds, der «Swisstopo» und der Akademie der Naturwissenschaften unterstützt.

24.07.2009