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Antarktisches Eis offenbart: Konzentration der Treibhausgase heute höher als je zuvor 

Die heutigen Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre sind 27 Prozent höher als je zuvor in den letzten 650'000 Jahren. Das zeigen zwei Studien der Abteilung für Klima- und Umweltphysik des Physikalischen Instituts der Universität Bern, die am 25. November 2005 im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlich werden. Die Wissenschaftler haben die Treibhausgase im ältesten, je erbohrten Eis der Welt analysiert.

Die Abteilung für Klima- und Umweltphysik der Universität Bern veröffentlicht am 25. November 2005 zusammen mit deutschen und französischen Forschern in der renommierten Wissenschaftszeitschrift Science zwei Artikel, in denen zum ersten Mal gezeigt wird, wie hoch die Konzentrationen der beiden neben Wasserdampf wichtigsten Treibhausgase CO2 (Kohlendioxid) und CH4 (Methan) in einer ganz anderen Klimaepoche waren.

«Die in Science veröffentlichten Daten liefern neue Eckwerte in der Diskussion über das Ausmass und die Bedeutung des gegenwärtigen Anstieges der Treibhausgase durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Änderung der Landnutzung», sagt Thomas Stocker, Leiter des Berner Teams. Die heutigen CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre sind 27 Prozent höher als je zuvor in den letzten 650'000 Jahren. Methan ist heute um über 130 Prozent höher als je zuvor in den letzten 650'000 Jahren.

Die Daten stammen von Bohrkernen aus dem ältesten, je erbohrten Eis der Welt. Im Rahmen von EPICA (European Project for Ice Coring in Antarctica) wurde an der Station Dome Concordia im Dezember 2004 nach drei Jahren Bohrzeit eine Tiefe von 3270 Metern erreicht. Das Eis in dieser Tiefe hat ein Alter von über 900'000 Jahren. Eine Studie, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, zeigte, dass vor 400'000 Jahren eine andere Klimaepoche herrschte. Die Eiszeiten waren wesentlich kürzer, die Warmzeiten entsprechend länger, dafür aber deutlich kühler, als in den letzten 400'000 Jahren. Die Kernfrage lautete deshalb, in welchem Masse die Treibhausgase an diesem Verhalten beteiligt waren. Die Resultate zeigen, dass die Konzentrationen von CO2 und CH4 während den «kühleren» Warmzeiten vor 400'000 Jahren deutlich tiefer waren als in den nachfolgenden, «wärmeren» Warmzeiten. «Dies bedeutet, dass der natürliche Schwankungsbereich dieser beiden Treibhausgase und derjenige des Klimas eng gekoppelt sind», so Stocker.

Die neuen Messungen zeigen auch, dass die Konzentrationen der Treibhausgase in Warmzeiten über viele Tausend Jahre nahezu konstant waren. Damit kann eine kontrovers disku-tierte Hypothese endgültig verworfen werden, nämlich, dass die natürlichen Treibhausgaskonzentrationen bereits wenige hundert Jahre nach Beginn einer Warmzeit wieder abnehmen sollten und somit den Auftakt zur nächsten Eiszeit bilden.

Polares Eis ist ein einzigartiges Klimaarchiv, denn es enthält Luft, die in Form von Blasen eingeschlossen ist. Die Abteilung für Klima- und Umweltphysik der Universität Bern ist weltweit führend in der Messung von Treibhausgasen an der im Eis eingeschlossenen Luft. In zwei Doktorarbeiten, die vom Schweizerischen Nationalfonds und dem Bundesamt für Ener-gie finanziert wurden, konnten nun erstmals die Konzentrationen von CO2, CH4, und N2O (Stickoxid) in dieser Klimaepoche vor 400'000 Jahren detailliert gemessen werden.

Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre bestimmen die Temperatur der Erdoberfläche, indem die Wärmestrahlung der Erde teilweise absorbiert wird. Ohne diese natürlichen Treibhausgase betrüge die globale mittlere Temperatur nur gerade minus 18°C – Leben wäre somit unmöglich. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Kohle, und Erdgas ist die Konzentration von CO2 und CH4 in den letzten 250 Jahren angestiegen. Und der Anstieg dauert weiterhin an.

24.11.2005