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Auf der Südhalbkugel dauerte die Eiszeit länger

Vor 30'000 Jahren begann die letzte Vergletscherung auf der Südhemisphäre früher und dauerte länger als auf der Nordhemisphäre. Dies ergaben Untersuchungen eines internationalen Forscherteams, dessen Ergebnisse in «Nature» publiziert wurden.  

Ein internationales Forscherteam aus den USA, England, Neuseeland, Deutschland und der Schweiz (Prof. Christian Schlüchter und Dr. Frank Preusser vom Institut für Geologie der Universität Bern) stellte in «Nature» vom 14. Juli 2005 seine Forschungsergebnisse zum Klimawechsel während der letzten 150'000 Jahre auf der Südhemisphäre vor. Seit längerem wird davon ausgegangen, dass die Eiszeiten auf der Nord- und Südhalbkugel gleichzeitig begannen und endeten, gesteuert etwa durch eine veränderte Neigung der Erdachse. Eine Veränderung der Sonneinstrahlung auf der Nordhemisphäre hätte demzufolge auch Auswirkungen auf das Klima der Südhemisphäre. Die Untersuchungen bestätigen dieses sogenannte Milankovitch-Modell nur teilweise. Es wurden regionale Unterschiede entdeckt, die auf eine eigenständige Klimaentwicklung auf der südlichen Hemispähre hinweisen. So begann die letzte Vergletscherung der neuseeländischen Alpen anscheinend einige tausend Jahre früher als zum Beispiel in Europa. Diese Abkühlung lässt sich durch ein Minimum in der regionalen Sonneneinstrahlung auf der Südhemisphäre erklären. Somit zeigt sich, dass Änderungen in der Nordhemisphäre allein die Klimaentwicklung im Süden nicht erklären können. Als modifizierende Faktoren kommen ein Wachstum des Antarktischen Eisschilds und damit verbundene Änderungen der Zirkulation in den Ozeanen und der Atmosphäre in Betracht.

In der Schweiz einzigartige Datierungsmethode

Für die Untersuchung diente ein Torfsumpf bei Okarito Pakihi auf der Südinsel von Neuseeland. Dort findet sich eines der bestuntersuchten Klimaarchive auf dem Festland der Süd- halbkugel. Die Forscher rekonstruierten anhand der Pollenzusammensetzung in Seeablagerungen die regionale Klimageschichte der letzten 150'000 Jahre. Die Daten aus den Seeablagerungen dienten dem Vergleich mit Daten aus der Nordhemisphäre. Um die einzelnen Schichten zeitlich mit Daten aus der Nordhemisphäre vergleichen zu können, mussten die Ablagerungen mit verschiedenen Methoden datiert werden. Ein grosser Teil des Altersmodells wurde mit der in der Schweiz einzigartigen Methode der Optisch Simulierten Lumineszenz (OSL) durch Dr. Frank Preusser am Geologischen Institut in Bern erarbeitet. Mit dieser Methode wird bestimmt, wann die Sedimentpartikel das letzte Mal dem Sonnenlicht vor der Ablagerung ausgesetzt waren. Quarze und Feldspatminerale enthalten ein lichtsensitives Signal, welches vor der Ablagerung gelöscht wird. Nach der Bedeckung durch andere Sedimente und dem damit verbundenen Lichtabschluss wird das Signal wieder akkumuliert. Die Intensität des Signals ist somit ein Mass für die Zeit, die seit der Ablagerung des Sedimentes vergangen ist. Die Klimadaten aus dem Torfsumpf von Okarito Pakihi lassen sich gut mit Daten aus Tiefseeablagerungen vor der Südinsel Neuseelands vergleichen. Die Bohrkerndaten zeigen, dass die Gletschervorstösse mit dem Absinken der Baumgrenze auf der Insel zusammenfallen. Dies ist ein eindeutiger Hinweis auf ein gekoppeltes System von Ozean, Atmosphäre und Festland im Südpazifik während der letzten 150'000 Jahre. Auch Klimadaten aus Chile und aus der Antarktis zeigen mit etwa 30'000 Jahren einen früheren Beginn der letzten Eiszeit. 

22.07.2005