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Ein Eisbohrkern aus Nordgrönland zeigt detaillierte Klimageschichte

Zum ersten Mal wurde in Grönland ein Eisbohrkern mit ungestörter Stratigraphie gebohrt, der weiter in der Klimageschichte zurückreicht als bis zur letzten Eiszeit. Die neuen Klimadaten werden diese Woche im Wissenschaftsjournal «Nature» publiziert.

Der 3'085m lange Eisbohrkern des North Greenland Ice Core Project NGRIP besteht aus Schneeschichten der letzten 123'000 Jahre. Vor der letzten Eiszeit, welche vor 115’000 Jahren begann, gab es eine Warmzeit, das so genannte Eem. Das Klima während dieser Zeit war um mehrere Grad Celsius wärmer als heute. Das Ende der Eem-Periode verlief langsam. Während mehreren tausend Jahren wurde es nach und nach kälter, bis glaziale Bedingungen herrschten. Im Übergang von der Warm- zur Eiszeit beträgt die Auflösung des grönländischen Klimadatensatzes bislang unerreichte 1 cm Eis für jedes Jahr. Diese hohe Auflösung gibt uns neue Einblicke, wie sich das Klimasystem am Ende einer Warmzeit verhält.

Am Grund des 3’085m dicken Eisschildes schmilzt das Eis. Als im letzten Jahr der Felsuntergrund erreicht wurde, stieg Grundwasser in die untersten 45m des Bohrlochs auf. Das durch Sedimente rötlich gefärbte Grundwasser aus dem Wassersystem unter dem Eis, welches wahrscheinlich über mehrere Millionen Jahre von der Oberfläche isoliert war, enthält möglicherweise organisches Material von exotischen Lebensformen oder Reste von früherem Leben, aus der Zeit bevor Grönland vom Eisschild bedeckt wurde. Nachdem nun in diesem Jahr das rötliche, wieder eingefrorene Wasser geborgen wurde, können die Untersuchungen daran beginnen.

Das Eis wurde während einem achtjährigen Projekt von Wissenschaftern aus Dänemark, Deutschland, Japan, USA, Schweiz, Frankreich, Schweden, Belgien und Island gebohrt. Die Analysen am Eisbohrkern zeigen, wie sich die Temperatur in der Vergangenheit verändert hat. Das Eis hat jedoch auch Proben der Atmosphäre in Luftblasen eingeschlossen, welche uns das Geheimnis preisgeben, wie sich die Treibhausgase mit dem Klima vor und nach dem menschlichen Einfluss verändert haben. Um Vorhersagen für das zukünftige Klima treffen zu können, ist es wichtig zu verstehen, wodurch das vergangene Klima beeinflusst wurde.

NGRIP ist ein internationales Projekt, das durch die dänische Forschungsgruppe des Niels Bohr Instituts der Universität Kopenhagen logistisch koordiniert wird. Die Bohrstelle befindet sich bei 75°N, 42°W auf dem grönländischen Eisschild. Nach einer erfolgreichen Feldsaison, in der sogar noch etwas tiefer gebohrt wurde als vor einem Jahr, wird die NGRIP Station nun geschlossen.

Der Artikel ‘High resolution Climate Record of the Northern Hemisphere back into the last Interglacial Period’ wurde am 9. September 2004 im Wissenschaftsmagazin Nature publiziert.

09.09.2004