Positive Evaluation für EU-Fördergelder für zwei Berner Forscher

Der Pflanzenwissenschaftler Matthias Erb und der Astrophysiker Brice-Olivier Demory haben vom europäischen Forschungsrat ERC eine positive Evaluation ihrer Bewerbung für einen der begehrten «Consolidator Grants» erhalten. Da sie ihre Forschungsprojekte an der Universität Bern durchführen werden, werden diese nicht von der EU, sondern vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI finanziert.

Mit einem ERC Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten herausragende Forschende Unterstützung, um ein eigenes Forschungsteam an einer öffentlichen oder privaten Forschungseinrichtung innerhalb der EU oder eines assoziierten Staates aufzubauen oder weiterzuführen. Die Grants, die Teil des EU-Forschungsrahmenprogramms «Horizon Europe» sind, sind mit jeweils rund 2 Mio. Euro dotiert und werden für einen Zeitraum von fünf Jahren gesprochen. Aktuell behandelt die Europäische Kommission (EC) die Schweiz beim Forschungsrahmenprogramm «Horizon Europe» als nicht assoziiertes Drittland. Die Teilnahme von Forschenden aus nicht assoziierten Drittländern an Einzelprojekten der Europäischen Kommission ist prinzipiell nicht möglich. Für die Ausschreibungen der ERC Starting und Consolidator Grants 2021 gab es jedoch eine Ausnahmeregelung. Diese wurden von der EC ausnahmsweise evaluiert, da die Schweiz zum Zeitpunkt der Ausschreibungsfrist von der EC noch als «zu assoziierendes Land» eingestuft worden war. Falls die Forschenden sich entscheiden, ihr Projekt an ihrer angestammten Institution in der Schweiz durchzuführen, übernimmt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI die Finanzierung anstelle der EU.

Erfolgreiche Projekte aus der Pflanzenwissenschaft und der Weltraumforschung

An der Universität Bern wurden in der aktuellen Ausschreibung das Projekt CANWAS von Prof. Dr. Matthias Erb vom Institut für Pflanzenwissenschaften (IPS) sowie das Projekt SenseLife von Prof. Dr. Brice-Olivier Demory vom Center for Space and Habitability (CSH) erfolgreich evaluiert. Sowohl Matthias Erb als auch Brice-Olivier Demory haben sich entschieden, in der Schweiz zu bleiben und ihre Projekte an der Universität Bern durchzuführen.

«Es freut mich ausserordentlich, dass sich die beiden Top-Wissenschaftler entschieden haben, an der Universität Bern zu bleiben», sagt Hugues Abriel, Vizerektor Forschung der Universität Bern. «Dass die Schweiz von der Europäischen Kommission weiterhin als nicht-assoziiertes Drittland eingestuft wird, besorgt mich jedoch, denn die Forschung ist auf Vernetzung und internationale Zusammenarbeit angewiesen.»

Ebenfalls eine positive Evaluation erhalten hat der Teilchenphysiker Pier Monni, der am CERN angestellt ist. Zwei Doktoratsstellen aus seinem Projekt würden an der Universität Bern angesiedelt, falls das Projekt in der Schweiz durchgeführt wird.

Die Projekte von Matthias Erb und Brice-Olivier Demory:

Projekt CANWAS: Pflanzliche Duftstoffwellen messbar machen

Pflanzen können Duftstoffe, die von gestressten Nachbarpflanzen abgesondert werden, detektieren und so ihre Abwehr frühzeitig aktivieren. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Duftstoffe sich als Welle fortpflanzen und so möglicherweise die Abwehr ganzer Populationen neu programmieren können. CANWAS (Canopy Waves - Volatile Information Transfer Across MultiplePlants) entwickelt ein System, welche diese hypothetischen Duftstoffwellen messbar macht, und nutzt dieses System anschliessend, um die Interaktionen zwischen Gruppen von Pflanzen im Labor und im Feld zu erforschen. Damit trägt CANWAS zum grundsätzlichen Verständnis der pflanzlichen Wechselwirkungen bei und ebnet den Pfad zur Verwendung von Duftstoffen als natürliche Stärkungsmittel für Pflanzen. Das langfristige Ziel von CANWAS ist es, die Landwirtschaft zu befähigen, ganze Felder auf Stresssituationen wie Trockenheit oder Schädlingsbefall vorzubereiten, in dem durch den lokalen Einsatz von Duftstoffen die natürlichen Abwehrkräfte ganzer Populationen rechtzeitig aktiviert werden.

CANWAS erforscht eine neue Methode, um die natürlichen pflanzlichen Abwehrkräfte gezielt durch Duftstoffe zu aktivieren. «Damit wird es in der Zukunft möglich, den Pestizideinsatz zu reduzieren und Kulturpflanzen besser auf den Klimawandel abzustimmen», erklärt Matthias Erb.

Über Prof. Dr. Matthias Erb

Matthias Erb (40) ist ausserordentlicher Professor für Biotische Interaktionen am Institut für Pflanzenwissenschaften und Direktor der Interfakultären Forschungskooperation (IFK) One Health. Er ist im Simmental aufgewachsen und hat an der ETH Zürich sowie dem Imperial College London Agrarwissenschaften studiert. Nach seiner Dissertation an der Universität Neuenburg im Jahr 2009 arbeitete er als unabhängiger Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena (Deutschland). 2014 wurde er an die Universität Bern berufen. Für seine Arbeiten zum pflanzlichen Immunsystem erhielt er 2013 den Prix Nexans und 2015 den Early Career Award der International Society of Chemical Ecology. Für seine Lehre wurde er 2017 als Teacher of the Year der Biologie und 2020 mit dem ALL Teaching Award ausgezeichnet. Seit 2016 wird seine Arbeit durch einen ERC Starting Grant gefördert. 

Matthias Erb erforscht Pflanzen auf molekularer und chemischer Ebene. Im Zentrum stehen dabei biologisch aktive pflanzliche Wirkstoffe, welche die pflanzliche Abwehr verbessern und damit einen Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft leisten. Als Landwirt und Unternehmer engagiert er sich auch aktiv für die praktische Anwendung seiner Forschung.

Projekt SenseLife: Signatur des Lebens aus der Ferne messen

Die Suche nach ausserirdischem Leben ist ein Unterfangen, das mit gewaltigen Herausforderungen verbunden ist. SenseLife (Remote sensing of living organisms with full-Stokes spectro-polarimetry) zielt darauf ab, das Potenzial der Spektropolarimetrie für die Ferndetektion lebender Organismen im äusseren Sonnensystem zu nutzen, indem es sich die ausgeprägte sogenannte Homochiralität des Lebens zunutze macht (siehe dazu auch die Medienmitteilung der Universität Bern vom Juni 2021). Die Homochiralität des Lebens ist einer der zuverlässigsten Biomarker, dessen Potenzial zur eindeutigen Erkennung und Charakterisierung von Cyanobakterien, Pflanzen und anoxygenen Phototrophen bereits nachgewiesen wurde.

SenseLife wird sowohl Laborexperimente als auch Feldforschung kombinieren, um Messungen an einer Reihe von lebenden Organismen durchzuführen, die in den relevanten Ökosystemen (Gletscher, Bergseen) der Eismonde des äusseren Sonnensystems vorkommen. SenseLife wird dann neuartige Instrumente an Bord von Luftfahrzeugen einsetzen, um die Fernerkennbarkeit dieser lebenden Organismen auf anderen Planeten nachzuweisen. Dies könnte bereits Ende des Jahrzehnts mit bodengestützten Teleskopen der nächsten Generation oder in fernerer Zukunft mit Vorbeiflug- oder In-situ-Weltraummissionen erfolgen.

«Der Grossteil der Fördermittel wird für die Förderung von Nachwuchsforschenden verwendet – vier Teammitglieder werden zum SenseLife-Projekt stossen», freut sich Brice-Olivier Demory.

Über Prof. Dr. Brice-Olivier Demory

Brice-Olivier Demory ist SNF-Professor für Astrophysik an der Universität Bern. Er absolvierte seinen MSc in Physik an der EPFL und promovierte 2009 an der Universität Genf. Anschliessend arbeitete Demory am MIT (USA) und an der Universität Cambridge (UK) als Postdoktorand, wo er an mehreren NASA-Missionen beteiligt war. Demory leitet in Bern die SAINT-EX-Forschungsgruppe, die sich auf die Entdeckung von erdgrossen Exoplaneten und auf astronomische Instrumente konzentriert. Die Gruppe betreibt das SAINT-EX-Observatorium in Mexiko, das das am Anfang mehrerer Entdeckungen von Exoplaneten stand. Demory ist bestrebt, durch seine Forschung gesellschaftliche Anwendungen zu entwickeln, vor allem mit einer neuen multidisziplinären Initiative, an der die Medizinische Fakultät beteiligt ist, um neue Bildgebungsinstrumente für die Krebsdiagnose und -einstufung zu entwickeln.

 

17.03.2022