Die Universität Bern im Aufbruch

An der Universität Bern wird die Forschung intensiviert: Mit den neuen Interfakultären Forschungskooperationen IFK werden innovative Verbundprojekte aus verschiedenen Fachbereichen gefördert. In der Lehre wird das Pharmaziestudium zum Vollstudium ausgebaut. Die Studierendenzahlen stabilisieren sich auf hohem Niveau: Neu werden in Bern rund 17'550 Studierende immatrikuliert sein.

Rektor Christian Leumann stellte an der Jahresmedienkonferenz wichtige Entwicklungen und Highlights der vergangenen Monate in den Mittelpunkt. So wurde die Universität Bern in den Kreis der forschungsintensiven Universitäten Europas aufgenommen, die in der Vereinigung «The Guild» zusammengeschlossen sind. In der Forschung konnten unter anderem das ARTORG Center for Biomedical Engineering Research und das Inselspital einen Durchbruch vermelden: Nach jahrzehntelanger Arbeit haben Mediziner und Ingenieurinnen einen extrem präzisen Assistenzroboter für Operationen am Innenohr entwickelt. Damit gelang weltweit erstmals eine roboterassistierte Cochlea (Hörschnecke)-Implantation, die tauben Patientinnen und Patienten das Gehör wieder schenken kann. Ausdruck der Anerkennung für die Berner Forschung ist auch die Verleihung des Prix Marcel Benoist, des höchsten Schweizer Wissenschaftspreises, für den Klimaforscher Thomas Stocker. Forschung im Bereich Klima und Nachhaltigkeit diente zudem als Grundlage für die Wanderausstellung «Container3», in der Universität und Stadt Bern gemeinsam die Bevölkerung über Klima, Mobilität und erneuerbare Energien informieren und zum Austausch einladen.

Neue Interfakultäre Foschungskooperationen

Die Universität Bern geht in der Forschungsförderung neue Wege: Mit den Interfakultären Foschungskooperationen IFK lanciert sie Verbundprojekte, die jeweils 8 bis 12 Forschungsgruppen umfassen und die spezifisch gefördert werden. «Mit diesem Instrument stärken wir die wissenschaftliche Qualität und Aktualität der Berner Forschung und schärfen unser Profil als forschungsintensive Universität», erklärte Christian Leumann. Die IFK lehnen sich an die Gefässe der Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS bzw. NCCR) des Schweizerischen Nationalfonds an. Sie orientieren sich an den Themenschwerpunkten der Universität Bern, so wie sie in der Strategie 2021 festgelegt wurden. Pro IFK müssen mindestens zwei Fakultäten beteiligt sein. Gefördert werden die IFK von der Universität Bern während vier Jahren mit je 1,5 Millionen Franken pro Jahr. Ein Projekt wurde bereits bewilligt, zwei weitere sind identifiziert. «Wenn wir hier auf neue Forschungsgebiete stossen, ist es durchaus denkbar, dass sich daraus Bewerbungen für weitere Na-tionale Forschungsschwerpunkte und damit neue strategische Forschungszentren ergeben», erläuterte Leumann.

«One Health»: Vom Boden über Pflanzen und Wiederkäuer bis zum Menschen

Die bereits bewilligte Interfakultäre Foschungskooperation stellte Vizerektor Forschung Daniel Candinas vor. Sie befasst sich mit «One Health», einem immer bedeutender werdenden Forschungsgebiet, in dem die Zusammenhänge zwischen der Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch untersucht werden. Das Projekt vereint 10 Forschungsgruppen mit Expertise in Mikrobiologie, Umweltwissenschaften, Pflanzen- und Tiergesundheit, Humanmedizin und Bioinformatik, die an drei Fakultäten angesiedelt sind: der Philosophisch-naturwissenschaftlichen, der Medizinischen und der Vetsuisse-Fakultät. Die Interfakultäre Foschungskooperation untersucht insbesondere den Einfluss von Umweltveränderungen auf Nahrungskettensysteme – also von Böden über Pflanzen hin zu Wiederkäuern und schliesslich Mäusen als Modellorganismen für die menschliche Gesundheit. So kann erstmals vergleichend analysiert werden, wie die mikrobiellen Gemeinschaften an verschiedenen Schnittstellen der Nahrungskette auf Faktoren wie Temperatur, Schwermetalle und Pflanzensekundärstoffe reagieren, und welchen Einfluss diese Veränderungen auf die Gesundheit der einzelnen Glieder der Nahrungskette sowie das gesamte System haben. Indem sie ihre Fachkompetenz vereinen, können die Forschungsgruppen unter anderem gesundheitliche Kaskadeneffekte innerhalb der Nahrungskette beobachten, was ihnen sonst nicht möglich wäre. «Dies ist ein spannender neuer Ansatz innerhalb des One Health-Konzepts. Wir rechnen damit, dass sich die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Systeme übertragen lassen und zum Verständnis und zur Behebung von negativen Umwelteinflüssen in globalen Nahrungsketten beitragen», sagte Candinas.

Pharmazie wird zum Vollstudium

Nebst den 100 zusätzlichen Plätzen pro Jahrgang in der Humanmedizin wird nach Möglichkeit schon per Herbstsemester 2019 auch das Pharmazie-Studium ausgebaut: von einem zweijährigen Grundstudium zum forschungsorientierten Vollstudium mit Bachelor und Master für rund 50 Studienanfängerinnen und Studienanfänger pro Jahr. Die Pharmazie bildet die Brücke zwischen Naturwissenschaften und Medizin, indem sie sich exklusiv mit Fragen zwischen chemischer Struktur und Wirksamkeit von neuen Arzneistoffen sowie deren idealer «Verpackung» im Sinne der Verabreichungsformen befasst. Daraus ergeben sich laut Rektor Leumann vor allem zwei Vorteile: Die Ausbildung in Pharmazie reiht sich nahtlos in die Initiativen zur Stärkung des biomedizinischen Forschungsstandorts Bern ein und leistet einen Beitrag zur Sicherung des Bestandes von Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in der Schweiz. Die Kosten von jährlich rund 3 Millionen Franken verteilen sich auf die Naturwissenschaftliche und Medizinische Fakultät sowie auf neu einzubringende Mittel.

Studierendenzahlen bleiben konstant

Bruno Moretti, Vizerektor Lehre, stellte die aktuellen Studierendenzahlen vor. Hochrechnungen zufolge werden im Herbstsemester 2017 rund 17'550 Studierende an der Universität Bern immatrikuliert sein. Somit steigt die Gesamtzahl der Studierenden gegenüber 2016 nur geringfügig. «Wie schon im letzten Jahr sind die Gründe für diese Stabilisierung auf hohem Niveau zum grossen Teil demographischer Natur – insbesondere wegen der Maturazahlen, die nach einem jahrelangen Wachstum nun konstant bleiben», sagte Moretti. Rund 3’500 Personen haben sich für ein Studium in Bern beworben. Wie auch in den letzten Jahren sind naturwissenschaftliche Studiengänge am meisten gefragt. Die grösste Fakultät ist wiederum die Medizinische Fakultät, gefolgt von der Philosophisch-historischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät. Der Anteil ausländischer Studierender im Bachelor, Master und Doktorat beträgt unverändert rund dreizehn Prozent. Ausländische Bewerbungen kamen aus 80 Ländern. Bewerbungen von Personen mit Flüchtlingsstatus wurden neun eingereicht; davon konnten drei zugelassen werden, zwei Dossiers sind noch in Prüfung.

14.09.2017